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Die Gartenkunst — 12.1910

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Pudor, Heinrich: Waldaufbau oder Waldraubau?
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https://doi.org/10.11588/diglit.22776#0033

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XII, 2

DIE GARTENKUNST.

25

wissenlose Ausschlachtung der Wälder und daraus hervor-
gehendeAustrocknungder Getreideländer versiecht. Etwas
Ahnliches bereitet sich in Indien vor. Man kann geradezu
sagen: mit dem Waldaufbau beginnt der Kulturaufbau
und mit dem Waldraubbau geht die Kultur zurück.

In streng wirtschaftlichem Sinne ist der Baum
des Waldes die wertvollste Quelle des Nationalreich-
tums eines Landes. Dies läßt sich leicht beweisen.
Denn Gold, Diamanten, Eisen, Kupfer, Kohle: — alles
dies ist bis zu einem gewissen Grade in der Erde
vorhanden und wenn es abgebaut wird, vermindert es
sich — aber es wächst nicht nach ! Es kommt viel-
mehr eine Zeit, zu der die Vorräte zu Ende gehen.
Die Eisenvorräte sollen neueren Berechnungen nach
bereits in 25 Jahren zu Ende sein. Auch die Kohlen-
lager sind nicht unerschöpflich. Das Holz aber wächst
nach. Man kann weder Eisen noch Kohle, aber man
kann Wälder pflanzen! Gold kann man nicht legen,
sondern nur abbauen, aber Wälder kann man pflanzen!
Die Natur selbst schafft uns das Holz immer aufs
Neue, während alle anderen Stoffe der Erde bis zu
einem gewissen Grade vorhanden sind und, wenn der
Vorrat verbraucht wird, zu Ende gehen. I heraus re-
sultiert der volkswirtschaftlich so enorme Wert des
Waldes für das Land und seine Bewohner. Und hier-
aus resultiert zugleich die Verpflichtung, daß man da,
wo man einen Baum wegnimmt, einen neuen pflanzt.
Andernfalls beraubt man das Vermögen der Erde. Ja,
mehr noch, es sollte Gesetz werden und der Wald-
schutzverein, der sich in Berlin zum Zwecke der Er-
haltung des Grunewaldes gebildet hat, sollte es als
seine hervorragendste Aufgabe betrachten, dieses Gesetz
durchzubringen, daß jeder, der einen Baum

Aus dem Gutsgarten von Buch: Baumgang.

Aus dem Gutsgarten von Buch: Stufenmauer.

fällen lassen will, nachweisen muß, daß er
zu gleicher Zeit zwei neue Bäume innerhalb
des gleichen Bezirkes pflanzt. Und im allge-
meinen sollten die Eorstgesetze verbessert und ver-
schärft werden und die Erhaltung der Wälder und
Bäume — also wohlbcmerkt auch der einzelnen Bäume,
z. B. m den Städten und auf Plätzen, wo gebaut
wird — mit allen Mitteln durchgeführt werden. Daß
man z. B. vom Grunewald ,,ja nur den zwanzigsten
Teil" fortnimmt und abschlachtet, sollte ganz unmög-
lich sein, ganz undenkbar sein. Daß man auch nur
einen Baum fortnimmt, sollte unmöglich sein, aber
wohl sollte man darauf denken, möglichst viel Wald
dazuzugewinnen: Neue Bäume pflanzen — dadurch
wird man reich, dadurch wird ein Land reich und ein
Volk reich! Und wenn es ausgemacht ist, daß die
Funken der Lokomotiven die Wälder in Brand setzen,
in Deutschland wie in Amerika, so müssen entweder
die Lokomotiven nach dieser Richtung verbessert
werden oder die Bahnen müssen allein aus diesem
Grunde elektrisiert werden. Denn welche Unsummen
von Nationalreichtum durch diese Waldbrände dem
amerikanischen Lande verloren gehen, beginnt man
sich jetzt dorten klar zu machen. Und wenn solche
Waldbrände in Deutschland geringeren Umfang an-
nehmen, so hat Deutschland'auch weniger zu verlieren.
Im übrigen sollte über den Bestand an Bäumen und
Wald, als den wertvollsten Nationalreichtum des
Landes die allcrstrengstc und peinlichste Kontrolle
ausgeübt werden. Und denen gegenüber, die neue
Wälder anlegen und mithin den elementaren Reichtum
unseres Planeten vergrößern, sollte man mit Prämien
und mit Ehren recht freigebig sein. An der Art, wie
man in London Hampstead Heath durch Zukaüf und
 
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