72 DIE GARTENKUNST. XII, 5
Die Alten waren eben natürlicher wie wir, die heit, und man möchte den Tag herbeiwünschen, an
wir den „natürlichen" Garten pflegen. Sie pflanzten dem hier Axt und Säge angelegt werden, um diesen
diesen wundervollen, dem Fels mit großen Mühen ab- schönsten Garten Deutschlands wieder frei zu machen;
gerungenen Winkel nicht voll Gehölze, sondern voller nicht um das Werk des alten Salomon de Caus „restau-
Blumen und teilten ihre Räume mit Laubengängen riert" wieder erstehen zu lassen, sondern um in b e -
und Spalieren, daran sie Obst und Wein zogen. Da- wüßt räumlicher Gestaltung mit neuem Material
zu kommt noch, an seiner günstigsten Stelle, ein Hain und neuem Geist einen neuen Garten zu schaffen,
von Pomeranzenbäumen. Eine zweite Anlage der Renaissancczcit, deren
Da nun Blumen zu rechter Pflege und beschau- Gerippe noch erhalten, ist Schloß Baden. Sie ist
lichem Genuß der regelmäßigen Beete - bedürfen, so früher entstanden als Heidelberg, ärmer im Geist und
ward allerdings die Auftei- weniger köstlich. Aber sie
tet, vielmehr, da man sie , s| BS gefaßten Meinungen zum
mit Stützmauern abböschen B ^S^^T ^^^^ Trotz, auch Bäume recht
mußte, ein ziemlich be- JH zu pflanzen verstanden. Nur
trächtliches Mehr an Kosten Iffij $j A&wMK^l 'n c'cn Zeichnungen ließ
und Arbeit aufweist. Ihr 'HHHdHH|||0L./ man sie fort, da diese,
Dasein beweist also, daß jgK zugsweise Vogelperspek-
man sie bewußt wollte, . _ . tiven, lediglich belehrenden
, „ . , , . . Sehlossearten in Darmstadt: Brunnen im Ileckengarten. i v r>
bewußt brauchte zu einer ° B Wert hatten, und die Baum-
gartenkünstlerischen Wir- Silhouetten zuviel der Ge-
kung. Und so stellte sie sich dar als ein wundervoller samtordnung verdeckt hätten. Die malerische Wirkung
Wandelgang, auf dem Lorbeeren und Zypressen und solcher Baumsilhouetten hatten die schematischen Zeich-
alle Schätze der Orangerie Platz hatten, zur Rechten ner der älteren Zeit auch noch nicht erkannt. Was
durchdie turmhohe Eppichmauer von der Welt geschie- schadet es? Sie zeichneten schlecht, aber gestalteten
den, zur Linken schwebend über allem Duft und aller um so besser, wie Schloß Baden beweist. Die Skizze
Farbe der Blumengärten, in der Front das düstere, säulen- (Seite 74 oben) zeigt einen Teil der Terrasse in ihrer
gefaßte, hohe Tor der Grotte, in der geheimnisvoll die Über- und Nebeneinanderlagerung. Bemerkenswert und
Wasser spielen (Seite 73 unten). Gedanke und Planung allen Verfechtern des Lehrsatzes vom geometrischen
sind von so hoher Schönheit und Harmonie, daß ich Renaissancegarten zum Trotz ist der schiefe Winkel,
nichts Ähnliches wüßte in deutscher Gartenkunst, was unter dem die lange mittlere Terrasse vor dem Schloß,
dem würdig zur Seite stünde. Noch heute, an klaren dem Gelände folgend, zurückspringt. Prächtig in die
Wintertagen, wenn die kahlen Äste die Gesamtge- Anlage hineinkomponiert ist auch das Dagoberttürmchen,
staltung deutlicher sichtbar machen, überkommt einem welches, als Treppenturm von der mittleren Terrasse
dort oben ein Gefühl von der großen verlorenen Schön- emporsteigend, einen Pavillon auf die Ecke der obersten,
Die Alten waren eben natürlicher wie wir, die heit, und man möchte den Tag herbeiwünschen, an
wir den „natürlichen" Garten pflegen. Sie pflanzten dem hier Axt und Säge angelegt werden, um diesen
diesen wundervollen, dem Fels mit großen Mühen ab- schönsten Garten Deutschlands wieder frei zu machen;
gerungenen Winkel nicht voll Gehölze, sondern voller nicht um das Werk des alten Salomon de Caus „restau-
Blumen und teilten ihre Räume mit Laubengängen riert" wieder erstehen zu lassen, sondern um in b e -
und Spalieren, daran sie Obst und Wein zogen. Da- wüßt räumlicher Gestaltung mit neuem Material
zu kommt noch, an seiner günstigsten Stelle, ein Hain und neuem Geist einen neuen Garten zu schaffen,
von Pomeranzenbäumen. Eine zweite Anlage der Renaissancczcit, deren
Da nun Blumen zu rechter Pflege und beschau- Gerippe noch erhalten, ist Schloß Baden. Sie ist
lichem Genuß der regelmäßigen Beete - bedürfen, so früher entstanden als Heidelberg, ärmer im Geist und
ward allerdings die Auftei- weniger köstlich. Aber sie
tet, vielmehr, da man sie , s| BS gefaßten Meinungen zum
mit Stützmauern abböschen B ^S^^T ^^^^ Trotz, auch Bäume recht
mußte, ein ziemlich be- JH zu pflanzen verstanden. Nur
trächtliches Mehr an Kosten Iffij $j A&wMK^l 'n c'cn Zeichnungen ließ
und Arbeit aufweist. Ihr 'HHHdHH|||0L./ man sie fort, da diese,
Dasein beweist also, daß jgK zugsweise Vogelperspek-
man sie bewußt wollte, . _ . tiven, lediglich belehrenden
, „ . , , . . Sehlossearten in Darmstadt: Brunnen im Ileckengarten. i v r>
bewußt brauchte zu einer ° B Wert hatten, und die Baum-
gartenkünstlerischen Wir- Silhouetten zuviel der Ge-
kung. Und so stellte sie sich dar als ein wundervoller samtordnung verdeckt hätten. Die malerische Wirkung
Wandelgang, auf dem Lorbeeren und Zypressen und solcher Baumsilhouetten hatten die schematischen Zeich-
alle Schätze der Orangerie Platz hatten, zur Rechten ner der älteren Zeit auch noch nicht erkannt. Was
durchdie turmhohe Eppichmauer von der Welt geschie- schadet es? Sie zeichneten schlecht, aber gestalteten
den, zur Linken schwebend über allem Duft und aller um so besser, wie Schloß Baden beweist. Die Skizze
Farbe der Blumengärten, in der Front das düstere, säulen- (Seite 74 oben) zeigt einen Teil der Terrasse in ihrer
gefaßte, hohe Tor der Grotte, in der geheimnisvoll die Über- und Nebeneinanderlagerung. Bemerkenswert und
Wasser spielen (Seite 73 unten). Gedanke und Planung allen Verfechtern des Lehrsatzes vom geometrischen
sind von so hoher Schönheit und Harmonie, daß ich Renaissancegarten zum Trotz ist der schiefe Winkel,
nichts Ähnliches wüßte in deutscher Gartenkunst, was unter dem die lange mittlere Terrasse vor dem Schloß,
dem würdig zur Seite stünde. Noch heute, an klaren dem Gelände folgend, zurückspringt. Prächtig in die
Wintertagen, wenn die kahlen Äste die Gesamtge- Anlage hineinkomponiert ist auch das Dagoberttürmchen,
staltung deutlicher sichtbar machen, überkommt einem welches, als Treppenturm von der mittleren Terrasse
dort oben ein Gefühl von der großen verlorenen Schön- emporsteigend, einen Pavillon auf die Ecke der obersten,