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Die Gartenkunst — 12.1910

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Lichtwark, Alfred: Die Zweckfrage bei öffentlichen Parkanlagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22776#0086

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DIE GARTENKUNST. XII, 5

Giardino ßoboli, Florenz: Cypressenallee und Eingang zum Becken der Großen Insel.*) (Phot. Brogi.)

Automobil mit freundlicheren Augen ansehen, deshalb standen werden. Die „Schanze" in Stockholm, die der

dürfte es sich empfehlen, es von vornherein nicht zu ganzen Bevölkerung als Erholungsort dient, hat dem

verbannen, ebensowenig wie die Fahrräder, denen Vertrieb alkoholischer Getränke Beschränkung auferlegt,

eigene Wege bereitet werden müssen. In Amerika würde man, wie mir Graf Götzen sagte,

Der verdiente Direktor unseres Friedhofes, Herr in einem öffentlichen Park ein großes Bierrestaurant
Cordes, hat gelegentlich noch auf manche anderen Be- nicht mehr wünschen, weil der Alkohol dem eigent-
nutzungsarten hingewiesen, namentlich auf Schank- liehen Zweck des Parkes, den Aufenthalt in frischer
Stätten für Kurbrunnen, auf Milchausschank, auf stille Duft und alle Arten Leibesübungen zu fördern, ent-
Winkel und Wege für alte Leute, die dem Trubel gegenarbeitet. Deutsche Erfahrungen bestätigen diese
entgehen wollen. Direktor Brinckmann hat vorge- Auffassung. Vor einigen Jahren besuchte ich den neu-
schlagen, für den Milchausschank ein schönes Bauern- angelegten Stadtpark einer großen mitteldeutschen
haus aus unserer Marsch anzukaufen und aufzubauen. Stadt. In den weiten Anlagen traf ich an dem sonnigen

Sehr nötig wären auch gedeckte Wandelhallen für Sonntagnachmittag des Spätsommers fast keinen Men-
schlechtes Wetter. Es ist immer zu bedenken, daß sehen. Die Wege waren leer und die Rasen der eng-
die Besucher meist weit vom Ort wohnen und vom Hschen Anlage durften nicht benutzt werden. Als ich
Witterungswechsel überrascht werden können. Über- schließlich den großen Saal des Restaurants betrat, war
dies ist es eine Hauptaufgabe des Parkes, unsere Be- kein Platz zu haben. Ich hätte es übrigens in den
völkerung in ähnlichem Sinne mit dem sogenannten schwülen stinkenden, von schweren Wolken Zigarren-
schlechten Wetter zu befreunden, wie es der Engländer rauchs gefüllten Räumen nicht ausgehalten,
gelernt hat, für den es schlechtes Wetter überhaupt Daß ein großes Restaurant mit Sälen und Sitzen
nicht gibt, wenn er seinen' Spaziergang machen will. im Freien nötig sein wird, unterliegt kaum einem

Als selbstverständlich in Deutschland gilt ein großes Zweifel. Schon die Liebe zur Musik, mit der wir in
Restaurant mit Bierausschank. In anderen Ländern, wo Deutschland rechnen müssen, wird ihn fordern. Frag-
die Bewegung gegen den Alkohol stärkere Fortschritte lich ist nur und sehr ernst zu erwägen, ob wir nicht
gemacht hat, würde diese Forderung nicht mehr ver- dcn kühnen Schritt wagen sollen, den Alkohol zu ver-
_ bieten. Ich würde mich dafür entscheiden.

*) Auch hierzu beachte man die Ausführungen von W. Wenn wir den Restaurationspalast nicht als Musik-

Arntz, Seite 68, 2. Spalte, Zeile 14-17! halle brauchten, würden wir an seiner Stelle eine große
 
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