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Die Gartenkunst — 12.1910

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Allgemeine Städteausstellung Berlin 1910
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https://doi.org/10.11588/diglit.22776#0164

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150

DIE GARTENKUNST.

XII, 9

Radial von dem Herzen der Stadt aus sind sie geführt nach dem
großen Außengürtel. Es wirkt, als seien von außen her Keile in
das Innere hineingetrieben. Eine gewaltige Energie und Kraft, die
das Häusermeer teilt, auseinandersprengt, Licht und Luft fast ge-
waltsam in das Innere hineintreiben will, scheint diesen Flächen
innezuwohnen. Sie stellen die denkbar günstigste Lösung der
Frage dar: „Wie sind die grünen Flächen einer möglichst
großen Zahl der Großstadtbewohner auf kürzestem Wege er-
reichbar? Das Ring- oder Gürtelsystem, auch wenn radiale
Verbindungen in Gestalt von Alleestraßen vorhanden sind,
bedingt oft weite Wege, um den eigentlichen Parkgürtel zu
erreichen, dagegen bietet das Radialsystem den Vorteil, die
Anlagen nicht verlassen zu brauchen, bis man den Wald weit
draußen erreicht hat. Was für eine günstige Lage, völlig um-
schlossen von Grün, haben die zwischen diesen grünen Reihen
liegenden Ortschaften. Sie können sich, vollständig getrennt
von der großen Häusermasse und doch wieder nahe mit ihr
inVerbindung stehend, je nach Lage und Geländeeigentümlichkeit
nach Bauweise und Bewohnern, selbständig entwickeln, ein
kleineres für sich abgeschlossenes Gemeinwesen eigenen
Charakters bilden.

Ein schwerwiegendes Bedenken könnte auftauchen, ob
denn die Durchführung dieses Vorschlags möglich ist. Möglich
sicher, wenn auch pekuniäre Opfer gebracht werden müssen;
nicht höher werden sie sein, als sie die Durchführung der
Radiale Stadterweiterung mit m den Kern der Stadt ge- anderen Projekte verlangt. Ohne Opfer auf allen Seiten ist
führten keilförmigen Freiflächen. überhaupt keins der Projekte ausführbar, bei allen wird der

Geldbeutel das erste Wort sprechen müssen,
beschritten, um allen Bewohnern die Grünflächen möglichst Die Verfasser sagen in der Erläuterung: „Zur Schaffung

nahe zu bringen, das Ringsystem und das Radialsystem der keilförmigen Flächen sind nach Möglichkeit die drei inter-
Ersteres herrscht vor in den mit gleichen Preisen ausgezeichneten essierten Faktoren Staat, Stadt Berlin und Vorortgemeinden
Entwürfen von Hermann Jansen-Berlin (A), sowie von Brix. in gleicher Weise herangezogen worden". Der Staat wird
Genzmer und Hochbahngesellschaft (B). Fünf große Straßen- seine Wälder vollständig hergeben müssen; von der Stadt
züge — Ausfallstraßen — führt Jansen in den Kern der Stadt, Berlin nimmt man Rieselfelder, die große freie Flächen dar-
läßt sie von Alleen und Anlagen begleiten, die große Döberitzer stellen; die Gemeinden steuern bei alles, was sie an Gemeinde-
Heerstraße ist das Vorbild gewesen, schafft so gleichzeitig forsten, Wiesen, Parks haben; außerdem sind dazwischen
Luftkanäle von außen nach innen. Ein
Anlagengürtel, wozu die vorhandenen
Freiflächen, Plätze, Friedhöfe, Rieselfel-
der das Gelände hergeben müßten, ist
der innere Ring, er bietet Sport- und
Spielplätze, Schrebergärten usw. Ein
Waldgürtel ist der äußere. Nach an-
nähernd den gleichen Grundsätzen in be-
zug auf die Verteilung der Grünflächen
ist Entwurf B bearbeitet.

Über diese beiden Entwürfe ist an
anderer Stelle, auch in den Tageszei-
tungen, so viel geschrieben, daß ich auf
ein näheres Eingehen verzichten, aber
dafür der anderen prämiierten Arbeiten
gedenken möchte. Wenn ich den mit
dem vierten Preise ausgezeichneten Ent-
wurf: „Wo ein Wille, da ein Weg" (Prof.
Bruno Schmitz und Blum, Bauräte Have-
stadt und Contag) nur erwähne, so ge-
schieht es, um mich mit dem an die dritte
Stelle gesetzten Entwurf „Et in terra
pax" (Prof. Bruno Möhring, Eberstadt
und Petersen) eingehender beschäftigen
zu können, dann aber auch, weil ich in
der Hauptsache vom Standpunkt des
Gartenkünstlers aus berichten möchte,
und auf mich der Möhringsche Entwurf
am nachhaltigsten gewirkt hat, ich oft
zu ihm zurückgekehrt bin, mit ihm mich
am meisten beschäftigt habe.

Was mich immer wieder zu ihm
gezogen hat, war die geradezu impo-
nierende Anordnung der grünen Flächen,

auffallend durch ihr einfaches System. Baublock mit hoher Rand- und flacher Innenbebauung.
 
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