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Die Gartenkunst — 12.1910

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Lux, Joseph August: Wiener Gärten aus der Barockzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.22776#0210

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202

DIE GARTENKUNST.

XII, 12

Aus dem Fürstl. Schwarzenbergischen Garten in Wien: Blick von der runden Fontäne nach dem Schlofs.JNach einer alten Zeichnung.

Blume und ihrer Farbe zu großen architektonisch wir- Farben an der Hausmauer und in den Beeten, wo die

kenden Flächen oder die Blume als Einzelwirkung, eine Rosenbäume blühen. Ahorn, von der Schere gebändigt,

Aufgabe dem heutigen Künstler vorbehalten. bildet eine grüne Architektur als Hecke und Torbogen

Die zweite Art bodenständiger Gartenkultur liegt über der Zauntür. Auch eine Laube kann man ge-

an der Peripherie, in den ländlichen Vororten, zum Teil legentlich vor dem Hause finden, und wenn nicht hier,

verkümmert und verdorben, zum Teil noch gut erhalten dann sicherlich hinter dem Hause in dem eigentlichen

in Einzelheiten wenigstens. Hausgarten, eine gemütliche Laube von Wein, Geiß-

Als grüner Gürtel mit einem ungeheuren Komplex blatt oder Kletterrosen überwachsen, ebenso wie den

an Wald-, Feld- und Gartengrund liegen sie um die Laubengang oder die Pergola als Spender des Schattens.

Stadt und geben derselben eine besondere Schönheit Im übrigen ist es ein Blumengarten wie vorne am

nicht nur als Naturkranz, sondern als Hüter und Bc- Hause, mit rechteckigen Beeten und bunten Glaskugeln,

wahrer der älteren heimatlichen Baukunst. Diese halb- die ein leuchtendes Farbenspiel in die Blumenpracht

ländlichen Vororte enthalten jene feinen Beispiele alter setzen. Die heimatliche Flora liefert den Bestand an

Gartenkunst, die auf einen beschränkten Raum am Bauernblumen.

Hause angewiesen ist; sie überliefern beachtenswerte Einen gewissen Gegensatz zu den vornehmen höfi-
Lösungen heimischer Vorgärten und Hausgärten. sehen Gartenschöpfungen des Barocks und zu den volks-
Mit den kleinen Vorgärten sehen die kleinen tümlichen, in ihrer Art nicht weniger vortrefflich gelösten
Bauern- und Winzerhäuser aus wie schmucke Land- alten Hausgärten, den sogenannten Biedermeiergärten,
mädchen mit einem Blumenstrauß vor die Brust gesteckt, bildet die dritte Art, die neuen „städtischen Park- und
Ein hölzerner Zaun geht vor der niedrigen Fensterreihe Gartenanlagen". Die Schablone ist überall dieselbe. Eine
hin und läßt einen schmalen Fußweg zwischen den Verquickung französischer und englischer Gartenbau-
ebenfalls schmalen Beeten an Hauswand und Zaun frei, grundsätze, die nicht zu glücklichen Ergebnissen geführt
nicht mehr. Das ganze Vorgärtchen ist ans Haus gc- hat. Von armseligen Drahtgittern eingehegt, stellt ein
drückt, aber der schmale Streifen birgt eine üppige Rasenfleck die Wiese, eine unruhige stockige Zusammen-
Blumenwildnis. Buchs dient gewöhnlich zur Einfassung Stellung von Büschen gleichsam den Wald vor. Fran-
der Beete, am Zaun steht blühender Phlox in dichten zösische Teppichbeete und krumme Wege, die gänzlich
Stauden, die Kapuzinerkresse, die Ringelblume, Pelar- aus der Richtung führen, charakterisieren die Plan-
gonien, Lobelien und Petunien liefern die lebendigen losigkeit der Anlagen, die infolgedessen ungemütlich
 
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