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658

Dr. Mynster, kleine tlieol. Schriften.

Gesetz als Gebot kann die eigentliche Rechtschasfenheit (das
Schaffen des rechten, weil es als das rechte anzuerkennen ist)
nicht folgen, weil das Gebot nicht eine lebendige Willigkeit,
ein hell eingesehenes und deswegen als innere Vorschrift er-
fasstes Sollen, sondern nur ein Muss der Furcht oder Hoff-
der Vf. S. 85, mit vielen Andern, welche
Kant's Kritils der praktischen Vernunft hierin misskennen,
auch in ein Alissverständniss dieser moralisch erhabenen Phi-
losophie verwickelt, wenn er schreibt: man müsse in der
christlichen Gesinnung etwas höheres zeigen, als den
„gezwungenen" Gehorsam unter ein Pflichtgebot,
von welchem man zwar einsehe, dass es recht und gut sey,
das aber doch eine „praktischeNöthigung" enthalte , so dass
die Unterwerfung unter das Pflichtgesetz nicht mit einer Lust,
sondern mit Unlust an der Handlung verbunden sey*"
Wer die Kantische oder, geleitet durch sie, überhaupt die in
sich selbstständige Pflichtenlehre völlig durchdenkt, unterschei-
det die „Nöthigung" zum Gehorsam (durch unabweisbare
Gründe und Empfindungen) gar sehr von einem Zwang der
Unterwerfung. Der Ausdruck Gesetzgebung und Gebot
ist, wo eine wahre Pslicht gedacht wird, nur eine von der
äusseren Gesetzgebung auf die innere übergetrageneAIetapher,
die deswegen leicht Asissverständniss erregen kann. Der Sach-
einsicht war und ist es oft hinderlich, dass Kant so leicht
dergleichen Personificationen , wie moralischer Gesetzgeber
u. s. w. in seiner Terminologie wählte, um dadurch der her-
kömmlichen Positivität sich, condescendirend, zu nähern.
Dies betrifft aber nur seine Einkleidungen, nicht den Denk-
inhalt. Die innere Verpflichtung beruht nicht darauf,
dass irgend ein anderes Wesen sie gebietet. Die Einsicht des
Geistes selbst, dass etwas recht und gut sey, also der Grund
der Sache an sich, ist hier das Gesetzgebende; nicht aber als
gebietend oder zwingend. Gründe nöthigen^ erwecken die
Einsicht, dass man solle, aber sie zwingen nicht; sie sind
frei von dem Begriff des Alüssens. Wenn derselbe Geist
als das rethte wollend mit sich selbst, als dem das rechte den-
kenden übereinstimmt, alsdann ist er sich selbst das Gesetz
und der Gesetzgeber , der Nöthiger durch Gründe des Sollens
zum Wollen.
Deswegen ist, in dieser Hauptsache, dieChristuslehre mit
dem ächten Philosophiren ganz übereinstimmend. Sie zeigte,
dass nur die aus Ueberzeugung vom Rechten und Guten (oder
von dem, was Gott wollen könne) sich erzeugende Willigkeit

nung hervorbringt
Dagegen nun
 
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