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N°. 43. HEIDELBERGER 1834.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Ausgaben des Reineke Fuchs oon Meon, Mone, Grimm und
H off mann t>. Faller sieben.
(Fortsetzung.)
Aber nun die andere Seite! Dieser Ansicht von Grimm,
ob wahr oder irrig, haben wir die schönste Entdeckung zu dan-
ken, die über das ganze Thierepos das beste Licht verbreitet und
zugleich unserer vaterländischen Dichtung den Kern dieser werth-
vollen Producte vindicirt. Dies würde ich so fassen : Es existirte
in Deutschland , wer weifs von wie langen Zeiten her, ein Zweig
der Thiersage, der uns oder dem Norden überhaupt ganz eigen-
tümlich, der von äsopischer und aller anderen Fabel ganz unab-
hängig ist. Diesen Zweig würde ich das Thiermährchen nennen;
er tritt nicht allein in unserem gröfseren, durch Einmischung
alter Fabeln entstellten Epos auf, sondern auch in besonderen
unabhängig gebliebenen Mährchen , und die von Grimm mitge-
theilten estnischen und serbischen Fabeln, welche die völlige
Geschiedenheit der nordischen Thiersage von der äsopischen Fabel
bestätigen, sind hier von der unschätzbarsten Bedeutung. Die
innere Bedeutung der Namen der Haupthelden im deutschen Thier-
epos führt auf ferne Zeiten der Existenz dieser Erzählungen zu-
rück (p. CCXCIV.), wo noch an keinen römischen Einflufs zu
denken ist, »die ganze Complication dieser Dichtungen hat alle
Zeichen erfinderischer Rohheit, sinniger Einfalt, naturtreuer Beob-
achtung, — eine Zugabe von "Wildheit ist darin noch merkbar,
die Römern und Griechen widerstanden hätte.« Die Stücke, welche
Grimm p. CCLVII. in der Note nennt, welche durchaus keine
Spur von äsopischer Fabel an sich tragen, sind eben lauter solche
Mährchen; ihnen auch nur eine Lehre abzugewinnen, möchte
oft ein grofses Kunststück seyn; diese haben ihren Zweck in sich
selbst, sie wollen durch Stoff und Erzählung wirken; alle Re-
quisite vereinigen sie, die Grimm an die ursprünglichere Form
der äsopischen Fabel verlangt, sie haben jene epische Breite, die
das ganze Mittelalter gesucht und auch auf diese Fabeln selbst
übertragen hat; aber sie widerstreben dem Charakteristischen
der Fabel eben so sehr, wie das Charakteristische dieser jenen
XXVII. Jtthrg. 7 Heft. 43
 
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