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N°. 63. HEIDELBERGER 1834.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Der Geist unserer Zeit und das Christenthum, oder Tfyweis,
dafs das wahre Bedürfnifs der Kirche Christi aitch Be-
dürfnifs der Zeit se y. Für Denkende von jeder religiösen, philo-
sophischen und politischen Confession. Fon J oh. Fr. Petr ick, i vei-
land Superintendent, Consistorialassessor und Für st l. Pückler-Mus-
^ kauisc hem Flofprediger. 1. 2. 3. Th. Stuttg. bei Hallberger. 1834.
178, 238 u. 104 S. in 8. /
Der Verf. mag sehr würdig gewesen seyn, mit dem Yerf.
der »Briefe eines Verstorbenen4* in Verbindung gestanden
zu haben. Seine Schrift beweist vielen Scharfsinn, Freimiithig-
heit, Vernunft- und Wahrheitsliebe, auch zum Theil poetische
Beredtsamheit, and dennoch mufs ich mir mehrere wesentliche
Ausstellungen erlauben. An der jetzt so häufigen Wahl und An-
gewöhnung einer verkehrten Methode für Wahrheitentdek-
kung liegt es, dafs gerade Talentreiche und für ihren Zweck
Begeisterte das Ziel ihrer Anstrengungen leichter verfehlen. Weil
sie es wie eine Art von Fata Morgana nur in den Lüften schwe-
bend sehen, bemerken sie im vollen Eifer der Genialität nicht,
dafs sie über die Wirklichkeit hinaus in’s weite Blaue schiefsen.
Das Poetische der Phantasie gilt ihnen für mehr genialisch, als
die nicht so geistreich scheinende, obgleich in der That mehr
Geistesherrschaft fordernde Anwendung strenger Beurthei-
lungskraft, welche besonders tiefere Scheinprämissen zerstören
soll, damit nicht ganze Systeme von Folgerungen darauf mit ver-
geblicher Mühe gebaut werden, die, sobald die Scheinprämisse
als unbegründet fällt, als umsonst geschaffen, zerfallen müssen.
Hiervon sogleich ein Beispiel.
Der erste Theil dieser »Nachgelassenen Schriften,« der Phi-
losophische, soll »den Geist aller Religion“ schildern, indem
der Verf. durchführt, wie Menschen auf den verschiedensten
Stufen ihres Selbstbewufstseyns durch jedes ihrer geistigen Ver-
mögen theilweise zu der ihnen möglichen Religion gelangen, in-
sofern zur Religion allerdings »alles das gehört, was der Mensch
in Beziehung auf Gott, dessen Verhältnis zur Welt und die auf
dieses Verhältnis gegründete Bestimmung der Menschen über-
haupt durch Fühlen, Denken und Wollen erkennt und für wahr
hält.« »Phantasie, Vernunft und Wille im weitesten Sinn, sagt
XXVII. Jahrg. 10. Heft. 62
 
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