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978

Petrick, über Christenthum und Geist der Zeit.

S. 1, bilden das Prisma, in dem sich das weifse, reine Ur-
licht der Göttlichen bricht und in den zarten Gestalten
des Schönen, Wahren und Guten (als einer göttlichen Dreieinig-
keit) auf Erden zur Erscheinung kommt.«
Schon in diesem Bilde verräth der Verf. das, womit Er
endet; nämlich die Fiction , wie wenn die Religion im Menschen
dadurch v entstünde, dafs »das Unbedingte (Absolute) sich selbst
in dem durch es selbst Bedingten (dem abhängigen Einzelnen)
anschaue, und zwar in Raum und Zeit anschaue.« Wäre dies
die Entstehungsweise der Religion, so müfste man nach der (am
Ende von ihm selbst pantheistisch genannten) Theorie des Verfs.
sich zweierlei denken. Erstlich wäre schon das Prisma selbst
= jeder als einzeln erscheinende Menschengeist, nichts anderes,
als ein Produkt oder eine Modilication der Selbstanschauung des
Unbedingten, nämlich dadurch entstehend, dafs das Unbe-
dingte sich in Raum lind Zeit als bedingt an schaue.
Alsdann aber wäre auch der in dieses Prisma fällende, ein Be-
wufstwerden des Göttlichen bewirkende »Strahl des Urlichtes«
wieder nichts anderes, als eine solche Selbstanschauung des Un^
bedingten, die als erscheinend in Raum und Zeit etwas verein-
zelt würde. Entstünde aber Religion aus solchem Selbstanschauen
Gottes, so könnte es nicht fehlen: sie müfste auch in allen ihren
Abstufungen wahr seyn, wenn sie gleich in keiner vollstän-
dig wäre. Wenn irgend das Unbedingte etwas, das es selbst ist,
auch als vereinzelt und von allem Uebrigen abgesondert anschaut
und es dadurch in einem Menschengeist zum Bewufstseyn bringt,
so müfste doch auch jeder solcher einzelne Strahl des Urliehts
als durch Selbstanschauung des Absoluten, folglich auch Absolut-
wahren, hervorgehend durchaus nichts Unrichtiges enthalten und
anschaulich machen, wenn er gleich als ein nur einzelner Strahl
in ein Prisma fällt, das (nach der Voraussetzung) mehr vom
Ganzen des Lichts zu erfassen noch nicht tüchtig wäre.
So aber isl’s und war es in der Wirklichkeit keineswegs.
Die Menschen vielmehr bildeten und bilden sich von dem Gött-
lichen meist so unrichtige Erkenntnisse und diese aus so unrich-
tigen Gründen, dafs dieselbe offenbar ganz das eigene Erzeugnifs
ihrer schwachen Vermögen waren und noch sind; wie sie denn
auch nach der ganzen Menschengeschichte sich nicht anders und
nicht mehr berichtigten, als so, wie überhaupt die menschlichen
Einsichten zum Richtigeren fortrückten. Wären je selbst einzelne
Vorstellungen vom Göttlichen dadurch entstanden, dafs das Gött-
 
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