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Hoffmeister: Schiller’« Leben und Werbe.
des menschlichen Geschlechts an bis auf den heutigen Tag.
Ist nun von irgend einer Fortbildung des menschlichen Gei-
stes die Itede, so kann diese nur mit Bekämpfung der
bisherigen Formen, der habituell gewordenen Zustände
der Gesellschaft beginnen. Dieser Kampf des Alten und Neuen,
des Gewöhnheitsmässigen und Geistigen, der Kultur und Na-
tur, des Realen und Idealen ist Gegenstand der modernen
^Tragödie, deren Held, im Dienste irgend einer Idee, das
Bestehende bekämpft, das ein nicht weniger furchtbarer Feind
ist, als das Schicksal. Dieser Kampf der Idee mit den Ein-
richtungen und Formen der menschlichen Gesellschaft, und
also mit den Menschen ist der Kampf mit einer ganzen Welt,
und deswegen ein erhabener, ein tragischer Kampf. So ist
unsere Tragödie auf den Kreis des Menschlichen beschränkt,
während das antike Menschen und Götter beherrschende
Schicksal die Brust mit heiligem Schauer erfüllt, und mit bei-
den Enden mit der ewigen Menschenselbstständigkeit und mit
dem ewigen Schicksal in den Himmel reicht. Unsere Tra-
gödie stellt mehr handelnde, die alte mehr duldende Men-
schen dar, unsre ist episch, diese lyrisch 5 die Menschen der
alten Tragödie sind gross in unfreiwilligen Lagen, die der
neuen in freiwilligen Verhältnissen; der neue Tragiker muss
daher ein kulturhistorisches, weltgeschichtliches Bewusst-
scyn, der alte müsse einen religiösen Sinn haben. Diese ge-
wichtige Behauptung wird an Shakspeare und Schiller nach-
gewiesen, und mit ihr (ß. 312—320.) schliesst der erste
Theil.
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Hoffmeister: Schiller’« Leben und Werbe.
des menschlichen Geschlechts an bis auf den heutigen Tag.
Ist nun von irgend einer Fortbildung des menschlichen Gei-
stes die Itede, so kann diese nur mit Bekämpfung der
bisherigen Formen, der habituell gewordenen Zustände
der Gesellschaft beginnen. Dieser Kampf des Alten und Neuen,
des Gewöhnheitsmässigen und Geistigen, der Kultur und Na-
tur, des Realen und Idealen ist Gegenstand der modernen
^Tragödie, deren Held, im Dienste irgend einer Idee, das
Bestehende bekämpft, das ein nicht weniger furchtbarer Feind
ist, als das Schicksal. Dieser Kampf der Idee mit den Ein-
richtungen und Formen der menschlichen Gesellschaft, und
also mit den Menschen ist der Kampf mit einer ganzen Welt,
und deswegen ein erhabener, ein tragischer Kampf. So ist
unsere Tragödie auf den Kreis des Menschlichen beschränkt,
während das antike Menschen und Götter beherrschende
Schicksal die Brust mit heiligem Schauer erfüllt, und mit bei-
den Enden mit der ewigen Menschenselbstständigkeit und mit
dem ewigen Schicksal in den Himmel reicht. Unsere Tra-
gödie stellt mehr handelnde, die alte mehr duldende Men-
schen dar, unsre ist episch, diese lyrisch 5 die Menschen der
alten Tragödie sind gross in unfreiwilligen Lagen, die der
neuen in freiwilligen Verhältnissen; der neue Tragiker muss
daher ein kulturhistorisches, weltgeschichtliches Bewusst-
scyn, der alte müsse einen religiösen Sinn haben. Diese ge-
wichtige Behauptung wird an Shakspeare und Schiller nach-
gewiesen, und mit ihr (ß. 312—320.) schliesst der erste
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