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Biedermann: Die Wissenschaft des Geistes. II.

Erkenntniss-, sondern der Glaubensinhalt des Bewusstseins zu Grunde
liegt“. Es kann überhaupt keinen Tbeil der Wissenschaft geben,
welcher „über das Bewusstsein herauskömmt“. Denn alle Wissen-
schaft findet nur innerhalb des Bewusstseins statt. Selbst das Glau-
ben ist, wie das Wissen, eine Thätigkeit, die nicht über das Be-
wusstsein hinausgelangt, sondern immer innerhalb desselben vorgeht.
Man wird eben so wenig ein Denken und Wissen, als ein Glauben
ohne Bewusstsein oder über dem Bewusstsein, ausserhalb des-
selben, was so viel als ohne Bewusstsein ist, finden. Glauben und
Wissen sind einander nicht absolut entgegengesetzt, oder sollen sich
wenigstens nie absolut entgegengesetzt sein; denn sie sind nur ver-
schiedene Stufen des Eikennens, das Glauben ein Fürwahrhalten
aus subjectiven, das Wissen ein Fürwahrhalten aus objectiveD Grün-
den. Jenes kann übrigens zu diesem erhoben werden, wenn die
ursprünglich subjectiven Gründe objective Gründe werden.
Unrichtig ist die Behauptung, dass (S. 491) „Schelling
niemals über den Fichte’sehen Standpunkt der Wissenschaftslehre:
das eine, unbewegte Ich an dem Vorhandenen herumzufühlen, hin-
ausgekommen sei“. Dieses ist wohl der Fall in seinen Schriften
der ersten Periode seiner schriftstellerischen Entwickelung „über die
Möglichkeit einer Form der Philosophie“, „über das Ich“ u. s w.
Allein schon in der zweiten Periode unterscheidet Schelling
Natur- und Geistespbilosopbie, und sucht die philosophische Aufgabe
auf beiden Wegen zu lösen. In der dritten Periode steigt er zur
Indifferenz des Realen und Idealen auf, und in diesen und den bei-
den folgenden mehr mystischen Perioden wird man gewiss keine
Spur des subjectiven Fichte’schen Idealismus finden. Sein Idea-
lismus ist objectiv; ja er tritt zuletzt selbst in der Identitätslehre
als absoluter Idealismus auf.
Es ist S. 496 ein eigener Ausdruck, dass Hegel die Wis-
senschaft in „Zucht“ und „Zügel“ genommen habe. Fast könnte
man durch diesen Satz zur Vermuthung kommen, die Wissenschaft
vor Hegel sei zücht- und zügellos gewesen. Haben Kant,
Fichte, K. L. Reinhold, Schelling u. s. w. keine Zucht und
Regel gekannt?
Der Hr. Verf. schliesst seine Untersuchung S. 531 mit den
Worten: „Es ist aber das aus dem bewusstvollen Denken hervor-
gegangene Wissen, als in Wahrheit bethätigt, der Geist, welcher,
eingedenk seiues Ursprunges, auf die weitere Bethätigung, auf sein
äusserliches Thun binweist“.

(Schluss folgt.)
 
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