Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 17. HEIDELBERGER 1859
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Voigt: Lehre von ius naturale u. s. w.

(Schluss.)
Da es sich nun bei der acceptilatio nicht um die Eingebung,
sondern um die Auflösung einer Verbindlichkeit und die Befreiung
von einer solchen handelt, so scheint man, wohl nicht ganz conse-
quent, die acceptilatio in ihrer freiem Form dieselbe Qualification,
wie der solutio eingeräumt zu haben. Es war dies um so mehr zu-
lässig, da die acceptilatio, wenn man sie bei andern, als Verbalver-
trägen anwendet, als Exception vorgeschützt werden konnte (fr. 8
pr. fr. 19 pr. 46, 4; fr. 27, §. 9, 2, 14; fr. 5 pr. 18,5. Hierzu
kommt, dass in Gemässheit des Grundsatzes: nihil magis nuturale
est, quam eo genere aliquid dissolvi, quo colligatum est, die accep-
tilatio mit der naturalis ratio in Beziehung gesetzt werde. Wenn
also die acceptilatio zunächst dem Civilrecht angehört, so greift doch
ihr massgebendes Princip über dasselbe hinaus. Nach dem Hr. V.
soll Marcian das ius g. ohne Rücksicht auf ein ideelles Princip in
seiner historischen Gemeingültigkeit aufgefasst haben. Wir haben
uns schon oben in Beziehung auf die Institutionsstelle (§. 11. 1,2)
gegen diese Auffassung erklärt, ohne die Aeusserung des Juristen
dahin auszulegen, dass der gesammte Inhalt des ius g. auf die
divina providentia zurückzuführen sei. Nicht das ganze historische
Material, wie es sich in den Gesetzen und dem Rechtszustande der
Völker entwickelt hat, ist das Resultat einer göttlichen Anordnung.
Wenn gewisse Institute, gewisse Erwerbarten, gewisse Contracte
bald dem ius naturale, bald dem ius gentium überwiesen werden, so
ist damit die Selbstständigkeit beider Rechtsarten nicht ausgespro-
chen. Denn wenn das ius gentium in dem ius naturale gegründet
ist, so können dergleichen Institute ebenso auf die nähere als die
entferntere Abstammung zurückgeführt werden. Demgemäss wird
z. B. in den Institutionen §. 12 de rer. div. die Occupation, als ein
Institut des iuris gentium durch die naturalis ratio gerechtfertigt.
In dem Satze über die locatio conductio: quum naturalis sit et om-
nium gentium können wir nicht mit dem Hn. V. S. 451 die Selbst-
ständigkeit der beiden in Rede stehenden Rechtsbildungen ausge-
sprochen finden, indem das: omnium gentium, ebenso wie in der
Stelle der Institutionen als eine Folgerung der naturalis ratio auf-
geführt wird. Die Ausdrüche: natura, naturalis ordo im Gegensatz
gegen ius gentium drücken übrigens in vielen Stellen nicht Rechts-
verhältnisse, sondern Naturbestimmungen aus, welche unabhängig von
LII. Jahrg. 4. Heft. 17
 
Annotationen