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258 Voigt: Lehre von ius naturale u. s. w.
dem menschlichen Handeln bestehen, und durch dieses nicht modi-
ficirt werden können. Die Blutsverwandschaft ist eine Naturthat-
sache und mit dem menschlichen Dasein nothwendig gesetzt, also
nicht particular römisch. Der Rechtsbegriff aber, unter welchem ein
solches Verhältniss gestellt werden soll, hängt von den sittlichen An-
schauungen ab, die sich in einem Volke gebildet haben. Daher denn
die Feststellung der mit der Blutsverwandtschaft verknüpften An-
sprüche nicht von dem ius gentium, sondern in durchaus specieller
Weise nur von dem römischen Recht abhängig gemacht werden
konnte. Den Grundsätzen des ius gentium werden jedoch gewisse
Verhältnisse der Blutsverwandtschaft unterworfen, insbesondere der
incestus zwischen Personen und der auf- und absteigenden Linie.
Nach fr. 34. §. 1, 18,1 hat die natura oder das ius gentium, oder
mores civitatis gewisse Gegenstände dem Verkehr entzogen. Unter
der natura ist hier kein ius naturale, sondern die Naturbeschaffen-
heit gewisser Dinge zu verstehen, welche eine Ausschliesslichkeit
des Privatwillens, und eine Unterwerfung unter denselben, mithin
den Verkehr gar nicht zulassen. Ebenso wird in fr. 28, §. 1. 28,
2. der naturalis ordo, als eine durch das Ableben bewirkte Natur-
tliatsache, dem menschlichen Handeln entgegengesetzt.
Für die aequitas nimmt der H. Verf. fünf Richtungen an, und
findet sie in folgenden Principien:
1) In dem Princip der Berücksichtigung der auf die Blutsver-
wandtschaft und Ehe gestützten Verbindungen.
2) In dem Princip der Aufrechthaltung derjenigen Verpflichtun-
gen, die man im rechtlichen Verkehr durch Treue und
Glauben geboten erachtet.
3) In dem Princip der Zutheilung und Aberkennung von Vor-
theil und Nachtheil und insbesondere von Gewinn und Ver-
lust nach dem durch die Verhältnisse gegebenen Massstabe
von Angemessenheit.
4) In dem Princip der Freiheit der Willenserklärung von posi-
tiv und gesetzlich gegebener Form, wie überhaupt der Prä-
valenz der Willensbestimmung gegenüber der Willenserklä-
rung.
5) In dem Princip der Berücksichtigung der Individualität der
concreten Verhältnisse.
Der Herr Verf. hat diese fünf Richtungen der aequitas, welche
sich produktiv und regulativ äussert, in ihren verschiedenen Kund-
gebungen und Specificationen, in gründlich eingehender Weise aus-
führlich auseinander gesetzt und erörtert. Um nicht zu weitläufig
zu werden, beschränken wir uns auf diese Angabe,, ohne die ein-
zelne Ausführungen einer weitern Prüfung zu unterwerfen. — Wir
fügen nur die Bemerkung hinzu, dass nicht in aller Beziehung das
aequum ein Echo der lex naturae sei. Bestimmungen derselben,
welche in der eigentlichen Naturordnung und ihrer Gesetzlichkeit ge-
gründet sind können nicht als aequum bezeichnet werden. Dass z,
 
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