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Hendewerkt Herbart und die Bibel.

259

B. der eigentliche usus fructus an verbrauchbaren Sachen unzuläs-
sig sei, resultirt aus dem Wesen und dem Begriff der letztem. Das
Vertilgen ist kein wahres uti frui im Sinne des römischen Rechts.
Diese Bestimmung lässt sich nur auf die rerum natura, nicht auf
die aequitas zurückführen.
Eduard Plaines*.

Herbart und die Bibel, Mittheilungen und Andeutungen von
K. L. Hendewerk, Doktor der Philosophie, Licentiaten der
Theologie und Pfarrer zu Heilig-Kreuz. Erstes Heft. Königs-
berg, 'Wilhelm Koch, 1858. 11 S. u. 96 S. gr. 8.
Die Vorzüge der Herbart’schen Philosophie vor den meisten
philosophischen Systemen der Jetztzeit sind unbestreitbar. Kant
wies mit Scharfsinn in seiner Kritik der reinen Vernunft nach, dass
unser Erkennen das Ding nur innerhalb der ihm gegebenen Erkennt-
nissformen auffassen, also immer nur das Ding in der Erscheinung,
nicht aber das Ding an sich erkennen könne. Das Ding an sich
ist uns nach ihm unerkennbar; wir können uns nur von der Reali-
tät der Erfahrungswelt auf dem Wege der Kritik der reinen oder
theoretischen Vernunft d. h. der Vernunft überzeugen, welche die
Principien oder obersten Grundsätze für das Erkennen aufstellt. Seine
Nachfolger, Fichte, Schelling und Hegel wollten nun durch
die Speculation gerade dasjenige erkennen, was Kant in seiner Kri-
tik der reinen Vernunft als unerkennbar hingestellt hatte. Fichte
war dieses Ding an sich das Ich und die Welt ein Inbegriff der
unendlich vielen Selbstbegränzungen oder Selbstbeschränkungen des
Ichs, eine Modification einer und derselben Substanz, des Ichs. Schel-
ling machte zum Ding an sich den Indifferenzpunkt oder die Auf-
hebung der Gegensätze des Subjektiven oder Idealen und des Ob-
jektiven oder Realen. Hegel war dieses Ding an sich die abso-
lute Idee oder der Begriff an sich ohne jeden bestimmten Inhalt,
über den Gegensätzen des Subjektiven und Objektiven schwebend.
Man wendete sich seit Kant tn dieser Weise von der Erfahrung
ab, welche doch sonst in allen Wissenschaften, selbst in der trans-
cendentalen Theologie die Quelle unserer Erkenntniss ist, und con-
struirte vor aller Erfahrung die Begriffe aus sich heraus und die Welt
in diese hinein, so dass man selbst eine Welt- und Naturgeschichte
vor aller Erfahrung erhielt. So verbot Hegel in seiner Schrift de
planetarum orbitis von 1801 den Planeten zwischen Mars und Ju-
piter zu existiren, indem er in derselben die damals unter tüchtigen
Astronomen herrschende Ansicht, dass zwischen Mars und Jupiter
Planeten aufgefunden werden müssten, a priori zu widerlegen suchte.
Durchweine glückliche Ironie des Zufalls wurde Flegel vom
Standpunkte der Erfahrung widerlegt, da in dem Zeiträume von 1801,
 
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