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Nr. 1.

HEIDELBERGER

1859

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

De la Redaction et de la Codification rationelles des loix, ou me-
thodes et formules, suivant les quelles les loix doivent etre rediges
et codifies par M. G. Rousset; ancien Magistrat. Paris 1858.
Wer die meisten der als vorzüglich angepriesenen neuen Ge-
setzbücher mit dem Ergebnisse der Rechtsprechung und der von
den Schriftstellern aufgestellten Ansichten über Auslegung der ge-
setzlichen Vorschriften nach einer Reihe von Jahren vergleicht,
während welchen diese Gesetzbücher in Uebung waren, bemerkt
bald die Verschiedenheit der in den Gerichten wie in den wissen-
schaftlichen Arbeiten vorkommenden Ansichten. Weder die Bürger,
welche die Gesetze beobachten und daher den Willen des Gesetz-
gebers kennen sollen, wissen häufig ihre Handlungen so einzurich-
ten, dass sie nicht Gefahr laufen, die nachtheiligen Folgen der Ue-
bertretung des Gesetzes zu leiden, und in die sogenannten laqueos
legum zu fallen, noch sind die tüchtigsten Anwälte im Stande, wenn
sie von einer Partei gefragt werden, ob ein gewisser Prozess ge-
wonnen werden kann, mit Sicherheit den Erfolg vorher zu sagen.
Anerkannt ist es, dass der Grund dieser Rechtsungewissheit häufig
weit weniger in der materiellen Unzweckmässigkeit eines Gesetzes
als vielmehr in der mangelhaften formellen Abfassung der Gesetze
zu suchen ist. Die Sprache des Gesetzgebers ist oft höchst ab-
weichend von der gewöhnlichen im Leben bekannten Sprachweise,
die in den Gesetzen gebrauchten Ausdrücke sind oft so vieldeutig,
so dass es schwierig ist zu errathen, welchen Sinn der Gesetzgeber
mit den gebrauchten Worten verband. Jeder, der mit Gesetzge-
bungsarbeiten sich beschäftigt hat, weiss, wie häufig die Mitglieder
einer Gesetzgebungscommission über das, was sie gesetzlich fest-
stellen wollen, bald im Reinen sind, dass aber die Schwierigkeit da
beginnt, wenn die gesetzliche Vorschrift in Worte gebracht werden
soll; hier bemerkt man bald, dass der vorgeschlagene Ausdruck
entweder zu weit oder zu enge ist; häufig erkennt der Gesetzesre-
daktor gar nicht die Tragweite eines gebrauchten Ausdrucks. Kömmt
dazu noch eine mangelhafte Classifikation der Gesetze, und der
Versuch, die einzelnen Vorschriften unter einen gewissen doktrinel-
len Gesichtspunkt zu stellen, so wird die Masse der in der Rechts-
übung entstehenden Streitfragen noch grösser. — Die Gesetzge-
bungskunst, insofern sie das Formelle der Gesetzgebung betrifft, ist
nicht genug ausgebildet. Schon Baco a Verulam, später Montes-
quieu erkannten die Bedeutung dieser Kunst, in neuerer Zeit haben
Bentham und Rosßi viel Verdienstliches geliefert. Der Verfasser
der oben genannten vor uns liegenden Schrift hat nun umfassender
LII. Jahrg. 1. Heft. 1
 
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