Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
418 Taciti Agricola. Ed. Kritz.
den deutschen Noten, wie sie jetzt selbst von Schulmännern be-
arbeitet und empfohlen werden, glauben wir dieser Form der Erklä-
rung in lateinischer Sprache schon darum den Vorzug geben zu müs-
sen, weil sie dem Studium dieser Sprache selbst gewiss weit förder-
licher ist. Das ist wenigstens unsere feste Ueberzeugung, die noch
vor etwa 20 Jahren auch unter den Schulmännern so ziemlich die
herrschende war, und hoffentlich auch die herrschende wieder wer-
den wird, nachdem die Früchte der deutschen Noten, die der Be-
quemlichkeit des Schülers mehr zusagen, erkannt sein werden. Diese
lateinische Erklärung, wie sie hier der Verfasser giebt, bemüht
sich schwierige Ausdrücke und Wendungen oder Constructionen in
scharfpräcisirter Weise zu erklären, und die Erklärung mit ein-
zelnen schlagenden und treffenden Belegen aus Tacitus oder auch
aus andern Schriftstellern, die mit aller Sorgfalt ausgewählt sind,
und ein strenges Maass einhalten, zu unterstützen, dadurch aber
das richtige und volle Verständniss anzubahnen. So wird die eigne
Thätigkeit des Lesers angeregt und wird der Gebrauch solcher No-
ten insbesondere für das Privatstudium ungemein förderlich werden.
Um einige Belege der Erklärung selbst anzuführen, erinnern wir an
Cap. I, wo in den Worten: „ac plerique suam ipsi vitam narrare
fiduciam potius morum quam arrogantiam arbitrati sunt“ der Begriff
„suam ipsi vitam narrare“ als Object zu „arbitrati sunt“ aufgefasst
und eben so richtig der Nominativ ipsi erklärt wird; dessgleichen
der Gebrauch von citra in der späteren Latinität für sine in den
Worten „citra fidem“. In den vielbesprochenen Schlussworten die-
ses ersten Capitels: „ut nunc narraturo mihi (so wird nach den bei-
den Vaticaner Handschriften gegeben statt „ut mihi nunc narraturo“)
vitam defuncti hominis venia opus fuit: quam non petissem incusa-
turus tarn saeva et infesta virtutibus tempora“ wird zuvörderst das
Perfectum fuit richtig aufgefasst, da der Gedanke des Tacitus kein
anderer ist, als folgender: ich musste in meiner Schilderung des Le-
bens eines Verstorbenen den Anfang machen mit einer Bitte um
Nachsicht, und würde eine solche Bitte nicht gestellt (also einen an-
dern Eingang gewählt) haben, wenn ich gegen so gräuliche, dem
Auftreten jeder Tugend (d. i. eines tugendhaften Mannes) gefährliche
Zeiten aufzutreten die Absicht gehabt, wenn die Schilderung der
Gräuelzeit eines Domitianus der Gegenstand meiner Schrift hätte
werden sollen: denn dann würden alle begierig nach einer solchen
Schrift gegriffen haben und hätte es keiner Bitte um Nachsicht be-
durft, die ich jetzt zu stellen genöthigt bin, wo die Mehrzahl an
der Darstellung der Tugend und an der Schilderung eines tugend-
haften Mannes keinen besondern Antheil oder Interesse nimmt. —>
Diess ist nach unserer Ueberzeugung der Sinn der Steile, auch nach
der von dem Verfasser gegebenen Darstellung, der incusaturus
(was nach den beiden Vatikaner Handschriften als allein richtige
Lesart gelten muss) erklärt durch si incusaturus essem und in
incusare fast dieselbe Bedeutung findet wie in accusare d. i.
 
Annotationen