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Mann: Georg Forster, ein Lebensbild.

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in der Schweiz erschienen ist, dachte ich sofort „der Schweizer
kennt Deutschland nicht“, und als ich im ersten Satze des Vor-
worts las, dass er einige Jahre in der Nähe des „goldenen Mainz“
zubrachte, wurde ich in der Meinung bestärkt, dass ihm Deutsch-
land unbekannt geblieben sei, denn wer kann Mainz jetzt „golden“
nennen? leider längst schon Niemand. Weiter sagt der Verfasser:
„Nachstehendes Bild ist in mir durch gewissenhafte Benützung
dessen entstanden, was über Forster geschrieben worden ist und
was er selber geschrieben hat.“ Das bezweifeln wir sehr; wir
meinen, der Verf. kenne vieles nicht, was hierher gehört. „Die
Arbeit ist ursprünglich eine Vorlesung“ wahrscheinlich meist vor
Damen, und da kann sie hingehen; wenn aber dabeisteht „sie
dürfte beitragen den Vielgerühmten und Vielverkannten mehr und
mehr der Vergessenheit zu entreissen und im Andenken des Volkes
herzustellen“, so hat der Verf. gerade so gefehlt, wie seine Vor-
gänger, nur wenn er kein Deutscher ist schlag ich es ihm nicht
so hoch an. Doch scheint er sich für Deutschland zu interessiren,
indem er für es Aehnliches fürchtet wie bei Nizza und Savoyen.
Wie aber aus Forsters Wirken und Leben die Lehre spreche: -—-
„dass die rückhaltlose alle Herzen gewinnende deutsche Freiheit
das einzige wirksame Vertheidigungssystem für dieRheinlande ist“ :
das ist schwer zu begreifen, wenn man bedenkt, dass Forster den
Franzosen die Rheinlande schenkte, dass gerade er erklärte, die
Freiheit am deutschen Rheine sei nur möglich, wrenn sich das Land
der französischen Republik einverleibe; oder meint der Verf. nur
eine Republik in Deutschland würde die Rheinlande schützen ? Man
sieht, der Schweizer hat Deutschland nicht kennen gelernt.
Die Vorlesung gibt nun das Leben Forsters in schnellen Zügen,
seine Reise besonders betonend und nicht selten über- seine jewei-
lige Denkweise berichtend, Grundsätze und Gedanken von ihm aus-
hebend, fliessend aber viel zu parteiisch, indem fast kein tadeln-
des Wörtchen steht, Vieles verschwiegen und nur mitgetheilt ist,
was zur Feier des Mannes dient. Wir wollen das frühere über-
sehen und nur Forsters Aufenthalt in Mainz betrachten. Indem der
Verf. die ersten zwei Jahre fast ganz übergeht, wendet er sich
sogleich zu dessen Meisterwerk „den Ansichten vom Niederrhein“
und führt daraus z. B. die herrliche Schilderung des Kölner Doms
an. Wenn er dies Buch „nach dem einstimmigen Urtheil der
Kritik den besten Erzeugnissen deutscher Prosa an die Seite stellt“ :
so war hierbei nicht zu vergessen, was Forster selbst über es
schreibt: „Ich weiss, das Buch hat seine Fehler, seine Mängel und
ich glaube diese kenne ich nunmehr ziemlich genau sowohl was
Stoff als Einkleidung und Stil betrifft; aber ein schlechtes Buch
ist es doch nicht“ — „Im zweiten Band der Stil weniger ge-
spannt“ u. s. w. Stärker noch sind die Urtheile von Heyne und
Körner, wie denn auch Schiller auf Forsters Stil nie gut zu spre-
chen war. Dagegen hat Lichtenberg sogleich ein grosses Lob
 
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