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194 Rabus: Logik und Metaphysik.
übrigen Betätigungen und mit sämmtlichen Vermögen des Men-
schen als auch mit allen den Sphären, in welche wir uns gesetzt
finden und welche in uns hereinwirken.
Was die Wissenschaft des Denkens insbesondere oder des von
seinem sonstigen Gegenstand und Inhalt unterschiedenen und auf
sein eigenes Wesen und seine eigenen Formen bezogenen Erkennens
anlangt, so dürfte es sich vor allen Dingen darum handeln, das
Denken nicht wie es oft geschieht zusammenfliessen zu lassen mit
dem was nicht Denken ist, daher nicht zusammenfliessen zu lassen
etwa mit der bildenden Thätigkeit noch mit der Anschauung in
uns, nicht mit dem Worte und mit der Rede, nicht mit dem Wis-
sen und mit dem Geiste selber. Klar ist wenigstens, dass eine
Wissenschaft, welche ihren Gegenstand nicht scharf unterscheidet
von dem Gegenstände einer anderen Wissenschaft, mit Unrecht be-
hauptet, eine besondere Wissenschaft zu sein. Weiterhin aber ist
das Denken in die ihm selber immanenten Unterschiede auseinander
zu legen; es ist z. B. Urtheilen ein anderes Denken als dasjenige,
welches in den Categorien sich actualisirt, und wie die Categorien
mehrere und ohne Zweifel von bestimmter Anzahl sind, so muss
es. auch eine bestimmte Anzahl verschiedener Urtheilsformen
geben. Kann aber die Wissenschaft vom Denken bis jetzt be-
friedigend antworten auf die Frage, welches die sämmtlichen Formen
des einen und ganzen Denkens sind? Wird nun das Denken von
Allem, was nicht Denken ist, und hinwieder in sich selbst allseitig
unterschieden, so darf nicht der Zusammenhang vergessen werden,
in welchem das Denken mit dem ganzen Menschen steht; that-
sächlich webt das Denken seinen Reicbthum nur in Gemeinschaft
mit den übrigen Lebenskreisen aus; einseitige Ueberhebung und
gewaltsames Herausreissen des Denkens nach Art des Idealismus
und Formalismus würde anstatt zur Erkenntniss vielmehr zu einem
kläglichen Verkennen des Denkens führen. Die Wissenschaft des
Denkens wird daher, den Blick nicht nur auf das Einzelne sondern
auch auf das Ganze gerichtet haltend, wie über die organische
Einheit des Denkens unter sich so über des Denkens organische
Stellung im Gesammtorganismus unterrichtet sein und unterrichten
müssen. Endlich ist zu erwägen, dass ein grammatisches Sammeln
von Redetheilen so wenig als ein willkürlich constructives Ver-
fahren die Anforderungen erfüllt, die an eine wissenschaftliche Be-
handlung gestellt werden. Ohne Zweifel zwar will der Reicbthum
beachtet und durchforscht werden, welchen die Sprache darbietet
und worin das Denken abgespiegelt ist; abei· es muss heutzutage
auch die Geschichte der Denkwissenschaft in das Mittel gezogen
und gesichtet werden, und zugleich hat von Innen heraus und aus
seinem eigenen Grund das Denken sich hervorzubringen und von
sich zu zeugen.
Alle diese Aufgaben und ihre Schwierigkeiten waren dem Ver-
fasser nicht entgangen. Im Umfange des vorliegenden ersten Theils
seines Werks hat er dieselben folgendermassen zu lösen versucht.
 
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