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Κτ. 26. HEIDELBERGER 1368.

JAHRBÜCHER DER LITERA»

//eumont, v.} Geschichte der Stadt Rom in drei Bänden. Zweiter
Band. Berlin 1867. Γ254 Seiten nebst zwölf Stammtafeln.
Würde es sich bei Rom um eine Stadt von mittlerer Bedeu-
tung handeln, so wäre ein Zeitraum, wie ihn der erste Band unse-
res Verfassers umfasst, schon etwas Grosses. Tausend Jahre und
noch einige Hunderte dazu sind schon eine sehr achtbare Anzahl
von Jahren. Aber Grösseres zu sehen, war der Geschichte Vorbe-
halten; Rom sollte noch länger dauern, und hatte auch das alte
Rom sich überlebt, so schien doch mit ihm überhaupt die Ge-
schichte noch nicht aufgeräumt zu haben. Nachdem das kaiserliche
Rom sich ausgelebt batte, wäre ihm nach Menschenansicbt nur noch
das Loos vorbebalten gewesen, als Ruinenstätte das Ziel von wis-
sensdurstigen und antiquarischen Besuchern zu werden, wie es heute
mit dem aus der Asche erstehenden Pompeii der Ball ist. Aber
es waren bereits die Symptome einer Zukunft in die Risse der
alten Zustände eingedrungen, als Rom noch kaiserlich war. Die
Macht dieser Symptome barg das Geheimniss, warum Rom nicht
dauernd verödete *), sondern bewohnt blieb, trotzdem dass es ver-
fiel, indem die Bedürfnisse es im Sinne der Zeit um- und fort-
bauten.
Dass das alte Rom politisch sich auslebte, hinderte nicht, dass
der bevorstehenden Nullität seiner bereits von den Faktoren eines
anderen Roms vorgebeugt wurde, das hinsichtlich seiner Mission
freilich durch einen wesentlich verschiedenen geschichtlichen Ge-
danken ins Leben gerufen wurde.
Mit Mysterien hatte das alte Rom in grauer Vorzeit seinen
Anfang begründet; es schien, als sollte Rom, indem es unter prie-
sterliche Suprematie kam, seine Laufbahn erneuern, noch einmal
dieselbe beginnen. In der That, wenn man sagen dürfte, in Leo I.
erhielt es seinen Manlius oder Camillus, so hätte es in Gregorius L,
müsste man weiter schliessen, seinen Fabius und Marcellus erhalten
sollen. Aber die Nacbwehen der Völkerwanderung, die physischen
und die moralischen, sowie die Verwaistheit Rom’s hielten das
Papstthum ab, die Bahn der Folgerungen aus seinen demokrati-
schen Anfängen einzuhalten. Wie die Thatsachen lagen, machte es
sich zum Schüler des Cäsarismus, obwohl die Entwicklung ganz
original war und sich auf kein Präcedens stützte. Es war kein

*) Nachdem es einmal (546) für einen Monat leer gestanden. Vgl. v,
Reumont 1. 1. II. S. 52.
1X1. Jahrg. 6. Heft. 26
 
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