Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nr. 29.

HEIDELBERGER

1868.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

La Novella di Messer Dianese e di Messer Gigliotto. In Pisa dalla
Tipografia Nistri. MDCCCLXV11I. 21 Seiten Octav.
Diese nach der löblichen italienischen Sitte bei Gelegenheit
einer Hochzeit von Alessandro D’Ancona und Giovanni Sforza her-
ausgegebene Schrift enthält eine bisher noch nicht gedruckte Er-
zählung, die dem Sagenkreis von dem dankbaren Todten an-
gehört und deren Abfassungszeit zwischen das Ende des dreizehn-
ten und den Anfang des vierzehnten Jahrhunderts fällt. Das Vor-
wort bietet einige literarhistorische Bemerkungen, welche ein in
dergleichen Studien sehr bewanderter Freund [muthmasslich Com-
paretti] jenen zwei Herren mitgetheilt hat und worin auf Simrock’s
Guten Gerhard so wie dessen DeutscheMythologie 2. Aufl.
S. 478, ferner auf die Nachträge dazu von Reinhold Köhler in
Pfeiffer’s Germania ITT, 199 ff. XII, 55 und im Orient und
Occident II, 322 ff., von Benfey im Pantschat. I, 219 ff. [II, 532
zu S. 221] und. von Schiefner im Orient und Occident II, 174ff.
verwiesen wird. Benfey’s Ansicht zu Gunsten einer orienta-
lischen Abstammung des in Rede stehenden Sagenkreises dünkt
jenem Gelehrten nicht hinlänglich begründet, da die von dem-
selben hervorgehobenen auch in indischen Erzählungen vorkom-
menden Einzelheiten weder ausschliesslich indisch noch über-
haupt wesentlich seien, sich auch in der ältesten Gestalt der
Sage nicht zu finden scheinen, wenigstens biete die vorliegende
italienische Fassung auch nicht die geringste Spur von ihnen;
denn von der Misshandlung des Todten, wie in so vielen euro-
päischen und der armenischen Version, sei darin keine Rede, noch
kämen, wie in der letztem aus dem Munde der Braut Schlangen
hervor. Also nicht ein orientalischer, sondern ein europäischer,
wenn auch nicht wie Simrock meint, ein speciell germanischer
Ursprung der Sage vom »dankbaren Todten« sei wahrschein-
lich. Die durch die That bewährte Dankbarkeit selbst übernatür-
licher Wesen aller Art, so wie nicht minder der Thiere zeige sich
als Produkt der Volksmoral in den mannigfachsten Conceptionen
nicht nur im Orient sondern auch in Europa, und so wie die von
den »dankbaren Thier en«, welcher Benfey einen buddhisti-
schen Ursprung beilegt, ihr ältestes Vorbild in'der griechischen
Sage von Melampus finde (Comparetti, Edipo e la Mitologia com-
parata p. 81; s. über dieses Buch meine Anz. in den Gött. Gel.
Anz. 1867 S. 1721 ff.), eben so sei bereits von Andern (s. Pfeiffer’s
Germ. 3, 209) auf eine von Cicero erwähnte und auf Simonides
LXI. Jahrg. 6. Heft. 29
 
Annotationen