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Ir. SS. HEllll'lBKlidl.li IMt.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Waller-, Naturrecht und Politik im Lichte der Gegenwart. Bonn
1863.
Mit Recht hat Walter sein Buch überschrieben »Naturrecht
und Politik« denn beide Gegenstände sind nicht ein und dasselbe.
Das Naturrecht hängt mit der Ethik zusammen; die Politik,
wie Walter meint, mit dem Licht der Gegenwart. Die Kirche
lässt die Uebung als Gewohnheitsrecht nur zu, wenn sie der
Ethik entspricht, und heisst dieses jus divinum. Auch der Staat
muss sie nach denselben Grundsätzen zulassen, und gebraucht dann
das Wort »jus naturale«.
Also wäre wohl jus divinum et naturale ein und dasselbe,
aber die Politik im Lichte der Gegenwart ist nicht immer
damit einverstanden. Manche Hebungen, welche dem jus divinum
et naturale widersprechen, gelten — weil sie Uebung sind — also
Gewohnheit sind, ohne oft den K ar ac ter des Rechts zu tragen.
So haben sogar die Männer der historischen Schule in Deutsch-
land die Gewohnheit als Uebung dargestellt. Natürlich wird hier-
auf die christliche Ethik nicht Rücksicht genommen. Es war dieses
in ihrer Art den heidnischen Philosophen der Griechen, Plato und
Aristoteles nicht bekannt oder nicht begründet, auch sie woll-
ten Ethik.
Erst als die neueste Philosophie sich erhob, wollte man die
s u bj e k t i v e Vernunft über die Ethik erbeben. Walter sagt dieses
nicht gerade heraus, aber wer ihn verstehen will, versteht ihn.
Die katholische Kirche verlangt in ihrer Verlässigkeit zur An-
erkennung des Rechts der Gewohnheit das ausdrückliche oder
stillschweigende Anerkenntniss der Kirche: wieder Recensent dieser
Schrift S. 7 seines canonischen Rechts sich ausgesprochen hat.
Schulte der neueste Schriftsteller über das Gewohnheitsr e cht der
Kirche, zweite Ausgabe, §. 106, Note 1 führt uns an: demnach
aber ist er Anhänger der historischen Schule also mit der blosen
Uebung, den Ansichten des Volks oder auch der jetzigen Politik
einverstanden.
Dass er vielen Schriftstellern unserer Zeit gefallen musste,
namentlich den Schriftstellern über Kirchenrecht, z. B. Dove,
kann man nicht bezweifeln, um so gewisser, als S chul t e sich j e t z t
selbst vertheidigen muss gegen die Ansichten des Hauptes der
katholischen Kirche §. 119, Note 6 der zweiten Ausgabe seines
Lehrbuchs.
Daher kömmt es denn auch, dass Schulte ganz Unrecht
LXI Jahrg. 5. Heft. 25
 
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