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Strack, Friedrich [Hrsg.]; Becker-Cantarino, Barbara [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: 200 Jahre Heidelberger Romantik — Berlin, Heidelberg, 51.2007 [erschienen] 2008

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II: Volksdichtung und ihre romantische Poetisierung
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Ziolkowski, Theodore: August Bockh und die "Sonnettenschlacht bei Eichstädt"
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https://doi.org/10.11588/diglit.11459#0227

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Theodore Ziolkowski

waren eine Zeit lang Clemens Brentano, Achim von Arnim, Görres", die ihn als
ihren „Polyhistor" bezeichneten. Wir erfahren ferner, dass das Hausorgan der
Heidelberger Romantiker, die „Zeitung für Einsiedler", sogar ein Gedicht von
dem gelehrten Kollegen brachte: „ein griechisches Sonett von Böckh, bereits
aber schon in Berlin 1806 gedichtet für Christian Schneider und als fliegen-
des Blatt gedruckt". Das wundersame Sonett wurde im Zusammenhang mit
der großen „Sonnettenschlacht bei Eichstädt" veröffentlicht. „Auch in diesem
heissen, von anakreonteischer Anmuth zugleich getragenen Liebeslied verräth
sich immerhin der eifrige Platoniker." In Böckhs Biographie wird das Gedicht,
„das in platonischer Weise den Eros feiert", im ganzen zitiert:

Mwv oioOa keivov i'uspov Kpörnorov
Tou TToaöicböouc; (JhAt&tou t ctY^vog,
"Epooroc; ourrep irXeToTÖg eonv covog
KocpTTOVJUEVoioi xapucrriov ueyigtov-

OiXnuöcTiov yccp ei öiÖooai uiaööv,
Oü 'ycb (j)0ovr|Gü: tw kXeei nXörrcovog,
Ol) (J)0ovr)a(jo roTg QeoTq auövog-
IlaTg yäp $&r\ TiavTcov KaXcöv ocpiorov.

<I>ev3' 7Tpöa6' ö novc, äyei ue, jrpooöev äev
Tcov riöovwv er ouöev eoti kocXov
'ÄXXcoq Öe rri3p ttiv KapÖiav ue Kasi.

'Ev ou XuroTg ÖeauoTai Kap0' edXcov
"O 'vep, Tt Kaux« raiQ (f>p£aiv uaTaiaig,
EiXnuuEvog ratg (|)povTiaiv KparaiaTg;6

Von diesen biographischen Schriften könnte man den Eindruck erhalten, das
Sonett sei genau so, wie es hier abgedruckt wird, unter dem Namen des Ver-
fassers veröffentlicht worden. Wer sich aber die Mühe gibt, die Zeitung für
Einsiedler (Nr. 26,29. Juni 1808) aufzuschlagen, merkt sofort, dass das keines-
wegs der Fall ist. Das griechische Sonett steht nicht allein für sich da, sondern
als eingeschachtelter Teil einer höchst merkwürdigen und anonymen Kom-
position mit dem Titel „Der Einsiedler und das Klingding, nach der Schlacht
bei Eichstädt", wobei Böckhs Name nirgendwo ausdrücklich genannt wird. In
den altphilologischen Büchern wird mit keinem Wort auf den größeren lite-
raturgeschichtlichen Zusammenhang hingewiesen.7 Denn es handelt sich hier

6 Hoffmann 1901,15. Stark zitiert nur die beiden ersten Strophen des Sonetts.

7 Zwar sieht es in den germanistischen Quellen nicht viel besser aus. In der Neu-Ausgabe der
Zeitung für Einsiedler, 1962,17, heißt es zwar, das griechische Sonett rühre von Böckh her, aber
der Verfasser wird als Heidelberger Student identifiziert, seine Lebensdaten werden falsch
(1785-1855) angegeben, und es wird mit keinem Wort angedeutet, dass das Gedicht nicht ur-
sprünglich für seine Rolle in Arnims Parodie geschrieben wurde. Bei Herbst 1876, II: 312,
 
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