Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 23.1912

DOI Artikel:
Breuer, Robert: Ein Wettbewerb für Arbeitermöbel
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7710#0220

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
208

INNEN-DEKORATION

könnten. Und man hat sich nicht geirrt.
Das Niveau der eingegangenen Arbeiten
zeigte eine überraschende Höhe; die mei-
sten der Vorschläge bewiesen ein redliches
Nachdenken über die Bedürfnisse der
eigenen Lebensführung. Wenn es auch
richtig ist, daß den Bewerbern die Lösung
der Aufgabe durch das Beispiel der Münch-
hausentype erleichtert wurde, so darf man
doch sagen (und die Preisrichter, zu denen
auch Muthesius gehörte, gestanden das
offen), daß der Wettbewerb viele brauch-
bare Vorschläge brachte, und auch eine
gewisse Mannigfaltigkeit an Geschmack,
an Empfindung für Form und Farbe, zeigte.
Wobei noch zu bedenken ist, daß solchen
persönlichen Regungen das Beispiel der
Münchhausentype immerhin ein wenig
lastender und hemmender Maßstab war.
Die hier beigegebenen Abbildungen zeigen

1. PREIS. ENTWUKH: H. RUSCHEWEVH —BERLIN. SCHLAFZIMMER

zu dynamischen Rhythmen ordnet, erwartete man ein
Gerät, das einiges von dieser neuen industriellen
Menschlichkeit, von der Seele des großstädtischen
Arbeiters zum Ausdruck bringen würde. Auch das
verwirklichte sich. Die zweite Musterwohnung ist
gerade in diesen Tagen fertig geworden und sie scheint
in der Tat die Lösung des Problems wesentlich zu
fördern. Ein entscheidendes Urteil wird erst die Er-
fahrung der nächsten Zeit sprechen lassen; schon heute
aber spürt man, daß diese Behrenstype (siehe Maiheft:
D. K. u. D.) die Bewegung neu anfachte. — Und nun
vom dritten Feldzug. Das war ein Wettbewerb,
den die Kommission für vorbildliche Arbeiterwoh-
nungen gemeinsam mit dem »Verband Deutscher
Kunstgewerbezeichner« ausschrieb. Der Leitgedanke
dieses Vorgehens war dieser: man glaubte, daß die
Kunstgewerbezeichner, die nach ihrer wirtschaftlichen
Lage zumeist der proletarischen Schicht gehören, aus
natürlichem Instinkt das Möbel ihrer Klasse finden

I.PREIS. MOTTO: »GUSTI«. H. RUSCHEWEYH. KÜCHE 1. EIN. ARBEITERWOHNUNG

PREIS. MOTTO: »GUSTI«. ECKE EIN. WOHNZIMMERS

die Vorschläge, die mit den ersten Preisen
bedacht wurden, auch einen der angekauften.
Schon an der Darstellung (das Ausschreiben
hatte angetuschte Perspektiven sich verbeten)
muß man die Sachlichkeit, auch eine gewisse
Kultur anerkennen. Die Vorschläge selber
sind durchaus diskutabel und führen vorwärts
auf dem Weg zu einem Möbel des groß-
städischen Arbeiters, das nichts weniger
sein darf als bäuerlich und sentimental . . .
Es wird sich vielleicht mancheiner darüber
wundern, daß diese vorgeschlagenen Möbel
so garnichts »Proletarisches« an sich haben,
nichts Vierschrötiges und garnichts vom
»Armeleutegeruch«. Als die Idee des Arbei-
termöbels zum erstenmal auftauchte, da
glaubte man mit buntgestrichenen, klobigen
Kästen auskommen zu können. Jene ersten
Proben, wie sie auf verschiedenen Ausstel-
lungen zu sehen waren, schienen vom Zimmer-
 
Annotationen