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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 52.1941

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Von der Spezialisierung
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https://doi.org/10.11588/diglit.12314#0366

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358 INNEN-DEKO RAT ION

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ARCHITEKT KARLPAUL HAUSSER —STUTTGART »ELTERNSCHLAFZIMMER IM HAUS DR. P. L. —BAD CANNSTATT«

VON DER SPEZIALISIERUNG

In der älteren griechischen Kultur hat eine bestimmte
Antriebskraft gewirkt, die das Streben des hoch-
begabten Volkes jahrhundertelang gelenkt und be-
feuert hat. Das war der Geist des Wettkampfes, des
Agons. Schon bei Homer hören wir die Parole, die den
griechischen Jüngling zur höchstmöglichen Leistung
antrieb: »Immer der Beste zu sein und überlegen den
andern«, das galt ihm als Ziel. Die Lust am Siege, die
brennende Begier, auf einem bestimmten Gebiete der
Erste zu sein, hat die gewaltigen Sportfeste der Grie-
chen entstehen lassen. Das Kampfspiel wurde auch
Begleitmotiv bei allen möglichen festlichen Gelegen-
heiten, wie wir ebenfalls von Homer wissen; zur Eh-
rung des Odysseus am Phäakenhof, zur Ehrung des
toten Patroklos werden Kampfspiele veranstaltet.

Dieselbe Antriebskraft hat andererseits auch zu
dem Ergebnis geführt, daß die Griechen frühzeitig zu
einer deutlichen Spezialisierung in den Gewerben ge-
kommen sind. Wir neigen heute zu der Anschauung,
daß Spezialisierung eine späte, moderne Erscheinung
sei. Das trifft jedoch keineswegs zu. Man liest schon

in dem lehrhaften biographischen Roman, den Xeno-
phon im 5. vorchristlichen Jahrhundert über den
älteren Kyros geschrieben hat, Ausführungen über
die Spezialisierung im Handwerk, die deutlich zeigen,
wie sehr man sich damals der qualitätsteigernden
Wirkung des Spezialistentums bewußt war. »In den
Großstädten«, sagt Xenophon, »steht die gesamte
Technik auf einer besonders hohen Stufe der Voll-
endung. In den Kleinstädten verfertigt ein und der-
selbe Handwerker Betten, Türen, Pflüge, Tische und
baut auch oft Häuser. Ja, er muß zufrieden sein,
wenn er trotz seiner mancherlei Fertigkeiten genü-
gend Aufträge erhält, um sich seinen Unterhalt ver-
dienen zu können. Es ist aber natürlich ganz unmög-
lich, daß einer, der sich auf so viele Künste verstehen
muß, in jeder einzelnen ein Meister sei. In den Groß-
städten dagegen, wo jeder einzelne Artikel viel mehr
Absatz findet, kann sich einer von einem einzigen
Gewerbe nähren: ja, oft braucht er eins gar nicht
ganz auszuüben. Zum Beispiel arbeitet der eine Män-
nerschuhe, der andre bloß Frauenschuhe; in einigen
 
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