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Jahrbücher für Kunstwissenschaft — 1.1868

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Baader, Joseph: Der Kartenmaler Michel Winterperg zu Nürnberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.51373#0087

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Der Karten malcr Michel Winterperg zu Nürnberg.

Die Kunst des Kartenmalens wurde zu Nürnberg schon in der ersten
Hälfte des XV. Jahrhunderts lebhaft betrieben. Als vielbeschäftigte Karten-
maler werden uns neben andern besonders Michel Winterperg (144 1) und
Hanns Pauer (1445) genannt, ihre Kunst jedoch fand einen sehr gefähr-
lichen Feind an Johannes Capistranos, der damals das Kreuz gegen die
Türken predigte und zu demselben Zwecke am Montag nach St. Margrethen
Tag 1452 auch nach Nürnberg gekommen war. Täglich las er allda unter
freiem Himmel Messe, täglich predigte er. Unter ungeheurem Zudrang des
Volkes eiferte er gegen die Sinnlichkeit der Menschen, gegen die übermässige
Kleiderpracht, gegen Luxus, Hoffart und insbesondere gegen das Spielen.
Die Kraft seiner Rede erschütterte das Gemüth der Zuhörer und war so hin-
reissend und eindringlich, dass die Bürger Nürnbergs an St. Laurenzer Tag
1452 gegen 76 Schlitten, 2640 Brettspiele, 40000 Würfel, einen grossen
Haufen Kartenspiele, Wulsthauben und spitzige Schuhe u. s. w. auf den
Marktplatz brachten und allda verbrannten. Die Büssfertigkeit war allgemein-,
und so kam es, dass auch der Kartenmaler Michel Winterperg, geängstigt
durch die Predigten des h. Johannes Capistranos und der andern Prediger,
dem allgemeinen Zuge der Bekehrung sich hingab und von der Ausübung
seiner Kunst abzustehen versprach. Er richtete deshalb nachstehenden,
eigenhändig und sehr hübsch geschriebenen Brief an den Rath der Stadt
Nürnberg (K. Archiv Nürnberg, S. I. L. 249 Nr. 552):
„Onebigen erbern tmb weifen lieben sperren;
s2llö bann ber anbed)tig bater tonb anber prebiger pie in ber (tat geprebigt
l)aben, mic id) mit meinem fyantmergf fartenmatn mein feie gegen gott nid)t be-
marn müg, alfo pab id) gan§ bauen gelaffen, vnb id) fan fein anber pantmergf,
bomit id) mid) mit meinen finben l)ie ernern mag, vnb id) pit emr genabe gar be-
mütiglidjen, ir müllt mir ein gnebigS urlaub geben, gen 5cmd)t*) ju^iepen ünb
bojelbft jufiejen, vnb mir bannod) mein burgerred)t pie lapcn molt; fo molt id)

*) Markt, drei Stunden von Nürnberg.
 
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