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Jahrbücher für Kunstwissenschaft — 1.1868

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Reumont, Alfred von: Der Empfehlungsbrief für den jungen Raffael
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https://doi.org/10.11588/diglit.51373#0218

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Der Empfehlungsbrief für den jungen Raffael.
Der angeblich zu Urbino am 1. October 1504 geschriebene Brief, durch
welchen Giovanna von Montefeltro, Wittwe Giovanni*s della Rovere, Herrn
von Senigallia den nach Florenz ziehenden einundzwanzigjährigen Raffael
Sanzio dem dortigen Gonfaloniere Pier Soderini empfiehlt, ist bekannt genug.
Bottari druckte ihn im Jahr 1757 als Nummer I. in seinen „Lettere pitto-
riche“, mit der Bemerkung: „Si conserva l’originale in Firenze, in casa
Gaddi.“ Dem Pater Pungileoni kam er wegen der chronologischen Un-
möglichkeiten verdächtig vor und er rieth seltsamerweise selbst auf einen
andern unbekannten urbinatischen Maler Raffael; Quatremere ging wie
gewöhnlich über die Sache hinweg; Rumohr (III. 48), indem er die Aecht-
heit annahm, versuchte eine gründliche Lösung der Schwierigkeit, indem er
die in Bottari’s Hand gelangte Abschrift für fehlerhaft erklärte und sie zu
emendiren versuchte, wie es auch die Herausgeber des Lemonnier’scheu
Vasari (VIII. 5) mit einer Abänderung (suto e für suo stato e, was allerdings
weit wahrscheinlicher, nimmt man überhaupt den Fall an) thun. Passa-
vant (I. 527) schliesst sich der Rumohr’schen Emendation an, E. Förster
welcher irrig „di Rovere“ schreibt und Giovanna ebenso irrig wiederholt
zur Herzogin von Urbino macht, acceptirt („Raphael.“ I. 176) dieselbe
Emendation die er fälschlich Passavant beimisst, der nicht viel Italienisch
wusste. Ich fürchte, offen gestanden, der Brief ist ein Fabrikat des vorigen
Jahrhunderts, eine Ansicht, welche H. GrimmfKünstler und Kunstwerke,
I, 23) zu theilen scheint.. Rumohr meint, es sei kein Grund denkbar, wes-
halb ein solcher Brief erdichtet worden sei. Aber man hat namentlich in
Florenz damals wie neuerlich manches Kunststückchen dieser Art gemacht
und mag Spass daran gehabt haben, einen Landsmann und eifrigen aber
unkritischen Sammler wie Bottari zu täuschen. Niemand hat das Original
„in casa Gaddi“ gesehen. Rumohr hielt es für eine Copie und vermuthete
das wirkliche Original im Archiv der Riformagioni, wo es jedoch nicht gefun-
den worden ist. Passavant begnügt sich mit einem „soll befunden haben";
Förster sagt, eine „verlässige Abschrift“ sei „uns erhalten“ — wo er sie
 
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