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Jahrbücher für Kunstwissenschaft — 1.1868

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Rahn, Johann Rudolf: Ein Besuch in Ravenna, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.51373#0171

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Ein Besuch in Ravenna.
Von
Dr. J. Rudolf Rahn.
Zu denjenigen Punkten Italien’s, die selten von Einzelnen und niemals
von dem grossen Strome der Reisenden besucht worden sind, gehört
Ravenna, und dennoch glänzt diese Stadt nicht allein durch ihre zahl-
reichen Erinnerungen an eine ereignissvolle Vergangenheit, sie ist auch in
anderer Hinsicht einer der merkwürdigsten Zielpunkte, die wohl einmal den
kurzen Abstecher von der grossen Heerstrasse lohnen.
Nirgends im Abendlande hat die Zeit vom V.—VII. Jahrhundert so
namhafte Schöpfungen auf allen Gebieten der bildenden Künste hinterlassen.
Gleichzeitige Werke sind in Rom der Zerstörung anheimgefallen, noch
häufiger hat sie willkürliche Neuerungssucht ihrer Ursprünglichkeit beraubt.
Ravenna bietet den vollen Ersatz, denn in vier wohlerhaltenen Monumental-
gruppen lebt rein und begeisternd das Bild dieser Frühzeit wieder auf. Beide
Städte ergänzen sich und bilden für das Abendland die Hauptquellen zur
Erkenntniss altchristlicher Kunst.
Erwägt man, dass zweifelhafte Ueberreste und die Nachrichten einiger
Schriftsteller den einzigen Aufschluss über die Constantinischen Stiftungen
im heiligen Lande bieten, dass von den grossartigen Bauten in Constantinopel
nichts mehr übrig geblieben ist, weil eine eilfertige Hast bei Errichtung der
Residenz und gewaltsame Zerstörungen schon frühzeitig zu Erneuerungen ver-
anlassten, so eröffnet Rom den Monumentalkreis dieser Epoche. Legende
und fromme Sage haben eine Reihe von römischen Stiftungen auf Constantin
zurückgeführt, aber die Kritik hat ihre Zahl vermindert und die nachweisbar
hierher gehörigen Denkmäler beschränken sich auf wenige durch spätere
Umbauten und Zusätze entstellte Basiliken. Im übrigen verbreiten die
zahlreichen Bauten der folgenden Jahrhunderte ein genügendes Licht über
den Zustand der römischen Kunst. Schon seit dem Ende des III. Jahr-
hunderts hatten Diocletian und seine Nachfolger ihre Sitze in den Provinzen
aufgeschlagen. Nicomedia und Antiochia, Mailand und Trier sind bald
 
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