Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Jahrbücher für Kunstwissenschaft — 1.1868

DOI article:
Fournier, Th.: Die Manuscripte des Françesco d'Ollanda
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51373#0357

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
344

Die. Manuscripte des Francesco d’Ollanda.

Haltung des Kopfes suchen muss, die man malen will; dabei muss die
Beleuchtung harmonisch*), die Schatten scharf sein und der Raum von Men-
schen leer. — F. Erinnert Ihr Euch was ich weiter hierüber sagte? —
B. Ihr meintet vor Allem müsse ich diejenige Stellung, Haltung und Bewe-
gung des Kopfes kennen, die dem Charakter der Person, die ich malen will,
am meisten entspricht und dieser Person eigenthümlich ist. D. h. wenn die
Person, welche wir malen wollen, mehr ruhig als lebhaft ist, müssen wir sie
in einer Haltung und Ausdruck malen, welche ihrer gewöhnlichen Stimmung
am meisten entspricht, also etwa mit niedergeschlagenen oder halbgeschlos-
senen Augen, und ihre übrigen Bewegungen demgemäss. Und wenn es im
Gegentheil nun eine Person wäre, die sehr geweckt und lebhaft aussieht, so
muss man diese Lebhaftigkeit wiedergeben, nicht etwa die Augen niederge-
schlagen und ernst machen, sondern vielmehr emporgezogene Augenbrauen,
mit lebendigen, feurigen Augen, gerade so wie die Person gewöhnlich aus-
sieht. — F. Sehr richtig. Und wenn die Person, die Ihr ruhig und ernst
malen wollt, etwa wie beinahe schlummernd aussieht, so ermuntert sie mit
einem Wort, bis sie denjenigen Ausdruck annimmt^und behält, den sie ge-
wöhnlich im Leben hat. Damit haben wir nun genug von dieser ersten
Regel, der Wahl der Stellung, geredet und man kann daraus alles Andere
entnehmen, was noch zu sagen bleibt. — B. Ihr sagtet ferner, dass sobald
man diejenige Stellung gefunden hat, die der Person, die wir malen wollen,
am meisten eigenthümlich ist, wir sie veranlassen müssen, den Blick in einer
bestimmten Richtung auf ein Zeichen oder einen Punkt zu fixiren, ohne ihn
wegzuwenden. — F. Und darnach? —
B. Darauf muss man sich das Gesicht wie in ein Rechteck, Dreieck oder
Oval hinein denken, je nachdem es einer dieser Formen am meisten ähnlich
sieht, und darnach bestimmen, ob man es in der Front, im Profil oder zu
Drei Viertel**) .malt. — F. Was versteht man unter in der Front malen? —
B. Das heisst wenn das Gesicht beide Augen geradeaus zeigt, ebenso Nase,
Mund, Bart und Stirn; wenn die Wangen von keiner Seite mehr verbergen
noch sehen lassen, und von beiden Seiten die Gesichtszüge völlig ein Eben-
maass aufweisen, gerade so wie diese schlecht gerathene Zeichnung.***)
F. Was heisst ein Gesicht im Profil malen? — B. Im Profil malen heisst,
wie wir früher schon gesagt haben, wenn das Gesicht nach Einer Seite ge-
richtet ist und wir deshalb nur die Hälfte der Augen sehen, die halbe Nase,
halben Mund, das Ohr aber und die eine Wange, die wir in der Front nur

*) Im Portugiesischen steht hier „wie Musik“.
**) Die Portugiesen sagen: die halbe und die drittel Stellung.
***) Fehlt im Manuscript.
 
Annotationen