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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,2): Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Tauberbischofsheim (Kreis Mosbach) — Freiburg i.Br., 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.1372#0025

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AMT TAUBERBISCHOFSHEIM.

DISTELHAUSEN.

17

des Chores. Am Hauptportal die Jahreszahl 1731. Die Westfront mit wirkungsvoll
davorliegender Treppe wird durch drei Nischen belebt, in deren mittelster eine alte
Holzstatue der Gottesmutter aufgestellt ist.

Auch hier die innere Ausstattung einheitlich im Rococo-Stil und (bis auf die ein- Kanzel
fachen Kirchenstühle) fast noch reicher als in Dittigheim (s. unten). Besonders schön die
Kanzel, ein Meisterwerk des Würzburger Schreiners Benedikt Schlecht, der auch
i. J. 1744 einen Entwurf für den Hochaltar vorlegte. Das 1872 restaurirte Decken-
gemälde im Schiff ohne Kunstwerth.

Hoch oben seitlich an der Südwand des Chores ein oben halbkreisförmig abge- Gemälde
rundetes Tafelbild (0,90 m breit, 1,50 m hoch), auf dessen Rückseite, sich folgende
Aufschrift (auf einer offenbar vom alten Rahmen entfernten und auf den neuen Rahmen
aufgenagelten Leiste) befindet (s. Lichtdruck auf Tafel 1): -*^ "®if§ taCECfttj Ijat

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Ein auf der Rückseite der Tannenholztafel angebrachter Papierzettel mit Nr. 107
weist daraufhin, dass das Bild aus einer grösseren Sammlung in die Kirche gestiftet worden
ist. Die Tafel zeigt das Leiden Christi in einzelnen Darstellungen, zu je drei in drei Reihen
vertheilt, aber ineinander verwoben in geschickter Zusammenstellung. In dem Verfertiger,
Meister Adam Schlantz von Kempten, einem bisher unbekannten Algäuer Maler,
lernen wir einen geschickten und pinselgewandten Künstler kennen, der bei aller Kleinheit
des Massstabes doch flott und sicher, hier und da freilich auch etwas handwerksmässig
flüchtig zu Werke geht. In den Gesichtern erscheint er stellenweise roh realistisch, in
der Tongebung warm und harmonisch; dabei sichtliche Vorliebe für Anbringung von
»antikischen« Verzierungen, zu denen die altmodischen Schriftzettel in störendem Gegen-
satze stehen. Das Bild erinnert am ehesten in Stil und Technik an die Malereien des
Flügelaltars aus der Salinenkapelle zu Reichenhall vom Jahre 1521 im bayerischen
Nationalmuseum zu München. Erhaltung gut, bis auf einige abgeplatzte Stellen, bei
denen der Kreidegrund hervortritt, und bis auf Spuren älterer Ausbesserung.

Das an der gegenüberliegenden Chorwand hängende Bild der 14 Nothhelfer
erscheint als eine werthlose Arbeit des vorigen Jahrhunderts.

Aussen an der Nordseite der Kirche ein schöner Empire -Sarkophag (r. S.) des Grabdenkmai
Weinhändlers Johann Simon Abendanz (-J- 1796).

Demselben J. S. Abendanz gehörte der inmitten des Ortes befindliche grosse,
stattliche Herrenhof, inschriftlich 1758 erbaut, aus Mittelbau und zwei Seitenflügeln
bestehend. Gute, einfache Barockformen. Beistehende Initialen und Marke
wiederholt angebracht. Das Innere jetzt schmucklos. Hübscher Empire-
Brunnen im Hofe. An der Treppe daselbst und am Brunnen massige schmied-
eiserne Arbeiten. Unter dem Hause die grossen Keller der s. Zt. berühmten
alten Abendanz'schen Weinhandlung.

Seitab von der Hauptstrasse, inmitten des Ortes, ein schönes, stattliches Barock- Wohnhäuser
Portal (r. S.) mit einem Cartouche-Schild am Schlussstein und der Inschrift: G. W.
1616. Einfache gute Profile, kräftiges Kämpfergesims.

Gegenüber ein kleines ehemal. Herrschaftshaus mit den Initialen L. M. L.
unterhalb der Marke: 41 al'f einem von Löwen gehaltenen Schilde über dem hübschen
Portal.


 
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