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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,2): Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Tauberbischofsheim (Kreis Mosbach) — Freiburg i.Br., 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.1372#0179

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AMT TAUBERBISCHOFSHEIM. — TAUBERBISCHOFSHEIM.

'59

Kloster der h. Lioba, Würzburg 1875, S. 114; bei Stamminger, Franconia Sancta,
s. oben) und in dem näher bei Fulda gelegenen Bischofsheim an der Rhön das
Liobakloster gesucht. Man gründete letztere Ansicht hauptsächlich darauf, der Name
des in der Vita S. Liobae erwähnten Flusses Tuberaha sei später in die Handschriften
eingeschoben worden; allein die Erörterungen führten auf Bischofsheim an der Tauber.
Die Frage ist nun endgültig entschieden, seit Waitz in den Monumenta Germaniae, SS.
tom. XV, p. 118 (s, oben) eine auf umfassende Untersuchung der Handschriften sich
stützende Ausgabe der Vita s. Leobae veröffentlichte. Sämmtliche Handschriften, auch
die älteste aus dem X. Jh., enthalten den Namen des Flusses »Tuberaha«.

Verfasser der Vita Leobae ist der bekannte Annalist des Klosters Fulda, der Mönch
Rudolfus, der sie vor dem Jahre 836 auf Befehl seines Abtes Rhabanus meistens
nach Aufzeichnungen des Mönches Mago schrieb und der Nonne Hadamut widmete.
Mago selbst lebte Ende des VIII. und Anfang des IX. Jhs. und berichtete nach den
Aussagen von vier Schülerinnen Liobas. Thrutgeba oder Leobgytha (Koseform Leoba
und Lioba), die Tochter edler Eltern, des Dinno und der Ebba in Wessex in England
und Verwandte des h. Bonifatius von mütterlicher Seite, wurde im Kloster Winburn
(Grafschaft Dorchester) unter der Leitung der Aebtissin Detta erzogen. Sie besass
gelehrte Bildung und versuchte sich auch in einem Briefe an Bonifatius in lateinischen
Versen. Mit andern englischen Frauen wurde Lioba von ihm um das Jahr 735 nach
Deutschland berufen, um für das weibliche Geschlecht klösterliches Leben zu lehren, wie
Sturmius für das männliche es thun sollte. Hiezu erschien sie durch ihre Gelehrsamkeit,
die Liebenswürdigkeit ihres Charakters und ihre Tugenden besonders geeignet. Boni-
fatius gründete für sie ein Kloster zu Biscofesheim, in dem sich bald eine grosse
Anzahl Jungfrauen sammelte und unter Liobas Leitung zu Vorsteherinnen für andere
Frauenklöster heranbildete, so die h. Tekla, die später den Klöstern in Kitzingen und
Ochsenfurt vorstand. Lioba wurde auch von König Pippin, seinen Söhnen Karl und
Karl mann und besonders von Hiltgart, der Gemahlin Karls d. Gr., hochgeschätzt
und öfters an den Königshof berufen. Im vorgerückten Alter ordnete sie die Ange-
legenheiten der Klöster, die unter ihrer Aufsicht standen — sie leitete also nicht allein
das Kloster zu Bischofsheim — und zog sich auf den Rath des Erzbischofs Lullus zu
Mainz nach Schornsheim bei Mainz zurück und starb hier, von einer Reise zur Königin
Hiltgart in Aachen zurückgekehrt, um das Jahr 780. Ihre Leiche wurde in der Kloster-
kirche zu Fulda beigesetzt.

Rudolf macht in der Vita Leobae nur folgende Angaben über Bischofsheim
und das Kloster der Nonnen: Durch den Ort geht ein flumen (Bach oder Fluss), das
wegen einer Mühle unterhalb des Klosters gestaut wird (stagnum fluminis). Hier schöpfen
die Frauen Wasser (cap. 12, ed. Waitz, p. 127). Die Häuser sind mit Stroh oder Schilf-
rohr gedeckt, mitten durch das Kloster fliesst das flumen (cap. 14, p. 127). Die erkrankte
Nonne Williswind wird aus dem Kloster über das flumen, quod vocatur Tuberaha, in
das Haus ihrer Eltern getragen. Lioba besucht sie und lässt eiligst ihren Löffel aus dem
Kloster herbeiholen, (c. 15, p. 128). Um die Kirche des Klosters ziehen die Nonnen
in Prozession (c. 12, p. 127); in ihr suchen die Einwohner mit Weibern, und Kindern
bei einem heftigen Gewitter Schutz, (c. 14, p. 128). Sämmtliche Mittheilungen sind so
allgemein, dass sie sichere Schlüsse auf eine Oertlichkeit in Tauberbischofsheim nicht
zulassen.
 
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