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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

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Weizsäcker, Heinrich: Karl von Pidoll
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https://doi.org/10.11588/diglit.12080#0165

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«^g5> KARL VON PIDOLL -ein-

gezeichnetes Bild, von dem man wetten
möchte, dass es vor der Natur entstanden
sei. Und doch hat es der Künstler völlig
aus dem Kopf in Luxemburg gemalt, nachdem
er ein anderes vorher in Rom nach dem
Leben ausgeführt hatte, das noch in der Villa
Malta hängt.
Eine gewisse Ablenkung erfuhr v. Pidolls
künstlerische Entwicklung, nachdem er sich
1886 von Marees getrennt und seinen schon
früher in Rom gegründeten Hausstand nach
Paris verlegt hatte. Das, um es kurz zu
sagen, in der Ecole des trente ans ausge-
bildete koloristische Empfinden hat es ihm
dort entschieden angethan, Dupre hat er noch
persönlich kennen gelernt und vor allem
stand er in guten Beziehungen mit einem
entfernteren Angehörigen jener Schule, dem
alten Boulard, einem, wenn auch nicht
immer selbständigen, so doch ausserordent-
lich geschickten und feinfühligen Künstler.
Eine Anzahl von Familienporträts, die zu
Pidolls glücklichsten Schöpfungen gehören
und einige höchst intime landschaftliche
Studien aus der Moselgegend von warmer
und weicher malerischer Haltung gehören in
diese Zeit. Entschiedener hat er wiederum
seine eigene Art hervorgekehrt, seitdem er
1891 nach Frankfurt übergesiedelt war, wo
ein befreundeter Kreis, dem Thoma und der
Böcklinschüler Albert Lang bereits sein be-
sonderes Gepräge gegeben hatten, ihn auf-
nahm. Hier verkehrte er bis zuletzt, An-
regung wohl mehr gebend als empfangend, und
namentlich an jüngere Künstler, die sich
hinzufanden, mit unerschöpflicher Selbstlosig-
keit von seinem geistigen Besitz austeilend.
Diese letzten zehn Jahre dürften trotz einer
periodisch wiederkehrenden nervösen Ueber-
müdung, die einigemal in seine Thätigkeit
hemmend eingriff, die produktivste Zeit seines
Lebens gewesen sein. Eine Reihe von gross
gedachten Plänen zu figürlichen Kompositionen
wechselte ab mit kleineren vorbereitenden
Arbeiten, und wenn es das Schicksal jener
ersten war, dass er sie, nie mit sich selbst
zufrieden und immer wieder ändernd, in der
Mehrzahl unvollendet zurückgelassen hat, so
haben dagegen die begleitenden landschaft-
lichen und figürlichen Studien zu einer Reihe
formvollendeter Schöpfungen geführt, die uns
nun wohl als die nachdrücklichste praktische
Bezeugung seiner künstlerischen Absichten
geblieben sind. Nur erwähnen können wir
daraus eine Anzahl von durchgehends in Ei-
tempera gemalten Landschaften und Bild-
nissen, die neben einem starken, farbigen
Accent doch vor allem die lineare Anschau-

ung betonen, als die nach seiner Ueber-
zeugung einzig massgebende Grundlage aller
Form. Dahin gehört eine Serie von Original-
lithographien, Ansichten aus dem alten, male-
risch am Main gelegenen Städtchen Geln-
hausen, dann Oelbilder von der Riviera
und anderen italienischen Landstrichen und
endlich auch aus Vorderösterreich, von wo
das auf Seite 148 mitgeteilte Motiv aus
Elz herrührt. Unter den Porträts hat
neben dem meisterhaft vollendeten Bilde
seiner Gattin und einem auf Bestellung in
ganzer Figur gemalten Porträt des Gross-


KARL VON PIDOLL MELANCHOLIE
 
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