Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

DOI Artikel:
Zuckerkandl, Bertha: Wiener Ausstellungen: Secession und Hagenbund
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12080#0324

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
-=-äö> WIENER AUSSTELLUNGEN

Luft und Farbenharmonien verwandeln kann, sonne, einen Abend und eine Dämmerung,
dann ist er ein Meister seiner Kunst geworden. Man sieht schon aus der Motivenangabe,
Ein solches Dokument innerster Weltenem- in welcher Richtung sein Schaffen sich dieses
pfindung ist die Frauengestalt, welche lässig Mal bewegt. Es ist feinste Differenzierung
in einen Fauteuil gelehnt, ihr fein modelliertes der durch den Wechsel der Tageszeiten ver-
Antlitz dem Zuschauer zuwendet. In eine änderten Naturstimmungen. Die so gar nicht
vibrierende Atmosphäre ist das Bild getaucht, auf den Effekt gemalten Bilder setzen sich
eine zitternde, hingehauchte Harmonie in aus einer Fülle still und wahr empfundener
Grau. Die graue Tüllwolke der Toilette Schönheiten zusammen. Intime Nuancen,
wertet sich auf dem Grau des Fauteuils, die nur ein poetisches Erfassen jener süsse-
welches in das flimmernde spielende Grau sten und melancholischesten Tagesstunden
des Hintergrundes verhuscht. Die elfenartige des Ueberganges vom Tag zur Nacht er-
Pinselleichtigkeit Klimts schafft auch die möglicht, verleihen den Bäumen, den
lyrischen Naturmomente, welche eine so weich Wiesenplänen, den Gewässern eine weiche
musikalische Harmonie besitzen. Seine Land- Traumhaftigkeit. Das Regungslose dieser
Schaftsmotive bewegen sich dieses Jahr in Abschiedsstunde weiss Moll durch die Stille,
keiner neuen Richtung. welche er der durchströmenden, alles um-
Kari. Moll bringt vier Landschaften, ein fliessenden Luft zu geben vermag, so aus-
Motiv Nadelwald, dann eine Stimmung-Abend- zudrücken, dass man den leisen Atemzug
der einschläfernden Natur zu spüren ver-
meint. Der Weg, von dem im Meister
befangenen Schindler-Schüler über die Auf-
peitschung einer im Norden erworbenen
festen und klaren Naturalistik hinweg, durch
die Farbe, Sonne und Licht lehrende impres-
sionistische Wiedergabe hindurch bis zu der
Abgeklärtheit einer eigenen Naturerfassung;
dies ist eine Entwicklungsetappe, wie sie
nur ein Künstler, der auch ein Denker ist,
durchmachen kann. Andri bringt wieder seine
lauten, bunten Volkstypen, er ist sehr farbig,
sehr kräftig, sehrfröhlich. Jettmar, derimmer
die Dramatik in der Natur zu gestalten suchte,
hat diesmal durch ein Thema, das ihm be-
sonders lag, viel Erfolg errungen. Drei Ge-
witterstimmungen gestaltet er immer in
anderer Beleuchtung und unter anderen Be-
dingungen wirkend und löste dieses Problem
in interessanter Weise. Bernatzik bringt
ein dekoratives Panneau für einen in Blau
gestimmten Raum — die Flamme. Sehr
geistvoll ist die Tönung des Bildes in jener
mystischen, letzten Farbenausstrahlung einer
lodernden Flamme, in dem bläulich schim-
mernden Schein der spitzen Feuerzacke
gehalten.
Wenn wir von Wienern noch Maximilian
Lenz, List, Nowak, Stöhr, Myrbach,
Jäger, König als Landschafter erwähnen
und die vielversprechenden Leistungen Ilse
Conrat's, einer ganz jungen Schülerin Van
der Stappens, die durch die Kraft ihres
Temperaments und die Reife ihres Könnens
auffällt, gedenken, sowie auch der in ihrer
Einfachheit so rührenden Grabesfigur Canci-
anis, so haben wir, wenn auch leider nur
im Fluge, die hauptsächlichsten Leistungen
nic. gysis dei. der Wiener Secessionisten erwähnt. Der

298
 
Annotationen