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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

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Habich, Georg: Münchener Frühjahr-Ausstellungen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12080#0350

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-s-5^> MÜNCHENER FRÜHJAHR-AUSSTELLUNGEN

liegt, eines Stils, der zwar äusserlich schein- Feinschmecker, die wissen was es heisst,
bar an die wandschmückende Kunst des Ba- einen Körper in zerstreuter Beleuchtung
rocko anknüpft, innerlich aber von dem, was plastisch herauszuarbeiten. Was das Bild aber
man mit dem Begriffe des „Dekorativen", sei vor seinen Vorläufern voraus hat, ist seine
es im Sinne der alten Venezianer, der spä- wundervoll sichere Gesamthaltung. Da steht
teren Manieristen, sei es eines Tiepolo, oder jeder Gegenstand an seinem Platz, jeder Ton
auch von der neueren Wiener Art Makarts hat den Wert, der ihm zukommt und dabei
und Gedons polar entgegengesetzt ist, eine ist nichts hölzern Konstruiertes, keine tote
Kunst, obwohl frei von aller archaisierenden Stelle, nichts plump Gegenständliches, nichts
Primitivität, dennoch von herber Strenge: stumpf Materielles, sondern überall die feinen
reif, aber nicht überreif. Wirkungen der Atmosphäre, alles von Lufc
Als bedeutendste Leistung auf dem, von und Licht umflossen,
vielen so bald und so leichten Herzens wieder Auf dem Gebiet des rein Landschaftlichen
verlassenen Gebiete der impressionistischen zeichnet sich namentlich wieder aus: W. L.
Naturwiedergabe hat Uhde's diesjährige Arbeit Lehmann mit seinen fein und durchsichtigen
zu gelten: eine neue Variation seines geliebten Stimmungen von der „Wasserkante". Ludwig
sonnigen Gartenidylls. Es ist die gewöhn- von Senger tritt mit einer temperamentvoll
liehe Staffage: ein junges sommerlich-hell gemachten Sturmlandschaft, wie sie Stäbli
gekleidetes Mädchen, im Profil gesehen, sitzt liebte, wirkungsvoll auf, und Miss Belling-
im Halbschatten eines Baumes ; Sonnenlichter Hall überrascht mit einer technisch brillanten
huschen über die Steinfliessen, über das Kleid Dorfstrasse aus Oberbayern. M. von Hagen
und durchleuchten den leichten Stoff. Sie giebt in einem ergreifend ernsten, dabei höchst
blickt vom Buch auf und der struppige Hund, anspruchslosen Bilde die Melancholie der
ihr unzertrennlicher Begleiter, springt, an- braunen, halb vom Schnee verwehten Haide
schlagend, auf. Das Tier, welches halb im wieder, während Kaiser in einer ganzen
Schatten, halb in den Lichtflecken der herein- Reihe umfangreicher Arbeiten die grüne Ebene
fallenden Sonnnenstrahlen steht, ist wohl der mit grossumrissenen Baumsilhouetten und ge-
Glanzpunkt des Ganzen, eine Specialität für waltig getürmten, regenschweren und gewitter-
schwangeren Wolkengebirgen nicht
müde wird, abzuschildern (s. Abb.
a. S. 321). Noch unmittelbarer wirken
als Naturschilderung intimerer Art
die reizenden kleineren Studienblät-
ter, die sich von dem produktiven
Künstler daneben finden. Nicht zu
vergessen ferner die stets geschmack-
vollen Landschaften Benno Becker's
(s. S. 31ü), die heuer kräftiger in der
Formengebung erscheinen, die hüb-
schen Flussthal- und Wiesenmotive
in farbiger Zeichnung von Piepho
(s. S. 330), und namentlich Rudolf
Schiestl's Ansichten aus dem male-
rischen Gewinkel der kleinen Städte
des Frankenlandes.
Das Tierbild vertritt diesmal wie-
der Tooby mit alter Kraft; nament-
lich ein „Toter Auf" ist mit meister-
licher Sicherheit Feder um Feder hin-
gestrichen. Schramm - Zittau , von
dem wieder ein gutes Entenbild da
ist, hat sein Gebiet erweitert, indem
er eine Reihe charakteristischer Fi-
gurenstudien nach Bauern, ländlichen
Bürgermeistern und Jägern (s. Abb.
a. S. 325) bringt. Ein besonderes


hugo frhr. von habermann halbakt Genre der Tierdarstellung pflegt Paul
Frühjahr-Ausstellung der Münchener Secession NEUENBORN. Er ist ein Vollendeter

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