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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 17.1902

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Von Ausstellungen und Sammlungen - Kunstlitteratur
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https://doi.org/10.11588/diglit.12080#0604

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-sr-fi^> PERSONAL- UND ATELIER-NACHRICHTEN <Ö^~

fels und vorne auf der Insel die alte vieltürmige
Pfalz, die sich in den dunkelgrünen Fluten des
Rheins spiegelt. Um sie herum, im Schnee, eine
Reihe von Wachtfeuern, deren Rauch in die kalte
Winterluft hinaufsteigt. Links hinter Gutenfels ein
enges Thal. Das zieht sich hinauf nach Langen-
schwalbach hin; dorther kommt die Hauptmasse
des Heeres. Auf der rechten Seite, vor dem Stand-
punkt des Beschauers, an dem verschneiten Weg,
den Berg hinauf, geht der kürzeste Weg auf die
Höhen des linken Rheinufers. Diesen Weg sehen
wir eine Husarenpatrouille einschlagen. Die Haupt-
masse musste den bequemen Weg am Fluss ent-
lang einschlagen. Auf dem rechten Ufer, unweit
der Schiffbrücke hält Blücher, der alte herrliche
Feldmarschall auf seinem Schimmel, die kurze Pfeife
im Munde, mit den hellen, jugendlich leuchtenden
Augen die Truppen musternd, die über die Brücke
kommen und den geliebten >Marschall Vorwärts«
jubelnd begrüssen. Es ist eine imposante Heeres-
masse, die sich von drüben heranwälzt, Kompagnie
auf Kompagnie, Kanone auf Kanone, Wagen auf
Wagen. Das Ganze beseelt nur ein Gedanke: hin-
über, hinein nach Frankreich, vorwärts! Der alte
Blücher will nicht ruhen und rasten, >bis der Bona-
parte herunter ist<, wie er sagte. Der Uebergang
aus der gemalten Natur zu dem Gegenständlichen,
das die Fortsetzung des Panoramas im Vordergrunde
bildet, ist sehr geschickt hergestellt. Besonders die
Wagen, Equipagen, Postkutschen u. s. w., sonderbare
Vehikel jener Zeit, die uns heute, nach hundert
Jahren, im Zeitalter der Automobile, schon ante-
diluvianisch vorkommen; aber sie sind echt und
ausgezeichnet zum Zwecke der optischen Täuschung
verwendet. Ebenso die verschneiten Bäume, die
Strohhaufen etc. im Vordergrunde. Hugo Unge\vitter,i

der seine grosse Begabung in temperamentvollen
Darstellungen, lebendigen, wildbewegten Schlachten-
bildern längst erwiesen hat, zeigt sich in diesem
imposanten Rundgemälde des Rheinübergangs bei
Kaub gross in der Auffassung des denkwürdigen
historischen Moments und weise in der Anord-
nung der riesigen Menge der Figuren auf der un-
geheuren Fläche. Vorzüglich wie die Figuren, sind
die Pferde in den verschiedensten Situationen dar-
gestellt. Gleichwertig mit dem figürlichen Teil ist
die von Gustav Wendling dargestellte Landschaft.
Mit einer Sicherheit, die nur die Erfahrung giebt —
Wendling war schon mit bedeutenden Panoramen
beschäftigt — beherrscht er die kolossale Fläche.
Die winterliche Stimmung des -frühen Neujahrs-
morgens von 1814, des denkwürdigen Tages, an
dem Blücher mit seinem Heere über den Rhein
zog, um ganz das Joch des Fremdlings zu
brechen, ist unübertrefflich wahr, überzeugend
glaubhaft gegeben. — Der ausgezeichnete Tiermaler
Ludwig Beckmann, einer der Veteranen der
Düsseldorfer Künstlerschaft, ist am 1. August im
einundachtzigsten Lebensjahre gestorben. 1822 in
Hannover geboren, wollte der Verewigte zuerst nach
dem Wunsche seiner Eltern Wagenbauer werden.
Er schrieb ein Buch >Ueber die Bedeutung des
Wagens in der Kulturgeschichte^, das mehrere Auf-
lagen erlebte. Die Liebe zum Weidwerk bestimmte
ihn aber, sich der Tiermalerei zu widmen. Zugleich
machte er eingehende anatomische und zoologische
Studien. Seine umfassenden Kenntnisse auf diesen
Gebieten veranlassten, dass, nachdem er längst in
Düsseldorf als hochangesehener Tiermaler schaffte,
ein Ruf an ihn erging, Direktor des zoologischen
Gartens in Hamburg zu werden. Beckmann wollte
aber der Kunst und Düsseldorf, wohin er in den



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