~^S3£)- DAS KAISER FRIEDRICH-DENKMAL FÜR BREMEN -C^=^
Wiedergabe nicht eignet, so muß eine Abstraktion,
eine Uebersetzung erfolgen.
Ich will mit wenigen Worten klarzulegen ver-
suchen, warum gewisse Details der militärischen
Tracht für Uebersetzung in die Plastik ganz
ungeeignet sind. In der Natur ist die Uniform
koloristisch wirksam. In der Malerei kommen
diese Vorzüge, die Reize der Farbe, zur Geltung;
außerdem hat der Maler die Möglichkeit, die Töne
untereinander und mit dem Hintergrund abzustimmen.
Bei der Bildhauerkunst ist das alles nicht der Fall.
Betrachtet man rein formell z. B. an der Prunk-
uniform der Pasewalker Kürassiere, wie sie Kaiser
Friedrich trug, den Helm und den Küraß, so wird
man zugeben, daß der Hauptreiz in der glänzenden
Wirkung des Metalls besteht und in dessen Kon-
trast zu den Tönen des Antlitzes. Als Form
ist der Küraß durchaus unschön; er verhindert, daß
das Auge den Linien des Körpers folgen kann, und
gibt der Gestalt immer etwas Steifes. Der Helm
hingegen beschattet das Gesicht und beeinträchtigt
die klare Erscheinung der Züge. Die Stiefel werden
zu Röhren, welche die schöne Form des mensch-
lichen Beines kaum vermuten lassen. Von den
anderen Teilen der Uniform ist in formeller Hin-
sicht kaum etwas Günstigeres zu sagen.
Diese und ähnliche Beobachtungen lassen sich
an modernen Denkmälern machen, und man kommt
zu dem Schlüsse, daß die Aufgabe, ein Denkmal
in streng realistischer Tracht darzustellen,
bis heute eine kaum befriedigende Lösung
gefunden hat. Doch soll daraus für die Künstler
kein Vorwurf hergeleitet werden; die Ursache liegt
eben in der für die Plastik völlig ungeeigneten Tracht.
Im Altertum war die Gewandung eine ganz ursprüng-
liche, so daß bei der künstlerischen Wiedergabe die
Gestalt des Menschen das Wesen11 iche blieb.
In späteren Zeiten erlaubte man dem Künstler
durchaus, wo ein ungünstiges Kostüm vorlag, die
Tracht frei zu gestalten. Und gerade aus dem Grunde,
und nur aus diesem Grunde, weil die Tracht fast
immer hinderlich war, etwas Typisches zu schaffen,
wurden bis vor achtzig Jahren Denkmäler in einer
Auffassung dargestellt, für die, wie es scheint, das
Verständnis verloren gegangen ist. Es waren nicht
patriotische oder politische Ideen, welche die Künstler
zu ihrer Auffassung führten, sondern rein formelle,
in der Kunst selbst liegende; und dem Laien wäre
auch ein anderes Vorgehen ganz unbegreiflich er-
schienen.
Beim Kaiser Friedrich-Denkmal wird meine
Absicht durchaus mißverstanden, und ich be-
tone ausdrücklich, daß ich nicht beabsichtige, den
Kaiser als römischen Imperator, d.h. als eine
Gestalt, die einer ganz bestimmten Periode der
Vergangenheit angehört, darzustellen. Ich werde
eine völlig ideale Tracht schaffen, die mit dem
Typus des Darzustellenden ganz besonders har-
moniert. Und diese Tracht wird aus Motiven be-
stehen, die dem Altertum, der Renaissance und
auch der Moderne entnommen werden. Es ist nicht
zu erkennen, daß eine derartige Auffassung die
Empfindlichkeit eines Deutschdenkenden in irgend
einer Weise verletzen sollte.
Ich möchte hier nur noch an die Tatsache er-
innern, daßWandlungen in der Kunstanschau-
ung häufig sind. Augenblicklich gehen wir
ohne Zweifel wieder einer freieren Kunstanschau-
ung entgegen. Als Beweis dafür möchte ich zwei
Denkmäler nennen, die schon im Entstehen begriffen
sind: das Luitpold-Denkmal für München,
bei welchem der Regent in der Hubertustracht zu
Roß dargestellt wird, und das Hamburger Bis-
marck-Denkmal, das den Kanzler als eisernen
Ritter verbildlicht. Zum Schluß sei noch auf die
Unmöglichkeit hingewiesen, daß ein Künstler seine
Intentionen über ein erst zu gestaltendes Werk
durch Worte erklären kann. Nur das vollen-
dete Werk gibt die Meinung des Künstlers
in voller Klarheit wieder, und auch dann erst
scheint eine berechtigte Kritik am Platze.
L. Tuaillon
albert von keller
Sommer-Ausstellung der Münchener Secession
68
ein w under
Wiedergabe nicht eignet, so muß eine Abstraktion,
eine Uebersetzung erfolgen.
Ich will mit wenigen Worten klarzulegen ver-
suchen, warum gewisse Details der militärischen
Tracht für Uebersetzung in die Plastik ganz
ungeeignet sind. In der Natur ist die Uniform
koloristisch wirksam. In der Malerei kommen
diese Vorzüge, die Reize der Farbe, zur Geltung;
außerdem hat der Maler die Möglichkeit, die Töne
untereinander und mit dem Hintergrund abzustimmen.
Bei der Bildhauerkunst ist das alles nicht der Fall.
Betrachtet man rein formell z. B. an der Prunk-
uniform der Pasewalker Kürassiere, wie sie Kaiser
Friedrich trug, den Helm und den Küraß, so wird
man zugeben, daß der Hauptreiz in der glänzenden
Wirkung des Metalls besteht und in dessen Kon-
trast zu den Tönen des Antlitzes. Als Form
ist der Küraß durchaus unschön; er verhindert, daß
das Auge den Linien des Körpers folgen kann, und
gibt der Gestalt immer etwas Steifes. Der Helm
hingegen beschattet das Gesicht und beeinträchtigt
die klare Erscheinung der Züge. Die Stiefel werden
zu Röhren, welche die schöne Form des mensch-
lichen Beines kaum vermuten lassen. Von den
anderen Teilen der Uniform ist in formeller Hin-
sicht kaum etwas Günstigeres zu sagen.
Diese und ähnliche Beobachtungen lassen sich
an modernen Denkmälern machen, und man kommt
zu dem Schlüsse, daß die Aufgabe, ein Denkmal
in streng realistischer Tracht darzustellen,
bis heute eine kaum befriedigende Lösung
gefunden hat. Doch soll daraus für die Künstler
kein Vorwurf hergeleitet werden; die Ursache liegt
eben in der für die Plastik völlig ungeeigneten Tracht.
Im Altertum war die Gewandung eine ganz ursprüng-
liche, so daß bei der künstlerischen Wiedergabe die
Gestalt des Menschen das Wesen11 iche blieb.
In späteren Zeiten erlaubte man dem Künstler
durchaus, wo ein ungünstiges Kostüm vorlag, die
Tracht frei zu gestalten. Und gerade aus dem Grunde,
und nur aus diesem Grunde, weil die Tracht fast
immer hinderlich war, etwas Typisches zu schaffen,
wurden bis vor achtzig Jahren Denkmäler in einer
Auffassung dargestellt, für die, wie es scheint, das
Verständnis verloren gegangen ist. Es waren nicht
patriotische oder politische Ideen, welche die Künstler
zu ihrer Auffassung führten, sondern rein formelle,
in der Kunst selbst liegende; und dem Laien wäre
auch ein anderes Vorgehen ganz unbegreiflich er-
schienen.
Beim Kaiser Friedrich-Denkmal wird meine
Absicht durchaus mißverstanden, und ich be-
tone ausdrücklich, daß ich nicht beabsichtige, den
Kaiser als römischen Imperator, d.h. als eine
Gestalt, die einer ganz bestimmten Periode der
Vergangenheit angehört, darzustellen. Ich werde
eine völlig ideale Tracht schaffen, die mit dem
Typus des Darzustellenden ganz besonders har-
moniert. Und diese Tracht wird aus Motiven be-
stehen, die dem Altertum, der Renaissance und
auch der Moderne entnommen werden. Es ist nicht
zu erkennen, daß eine derartige Auffassung die
Empfindlichkeit eines Deutschdenkenden in irgend
einer Weise verletzen sollte.
Ich möchte hier nur noch an die Tatsache er-
innern, daßWandlungen in der Kunstanschau-
ung häufig sind. Augenblicklich gehen wir
ohne Zweifel wieder einer freieren Kunstanschau-
ung entgegen. Als Beweis dafür möchte ich zwei
Denkmäler nennen, die schon im Entstehen begriffen
sind: das Luitpold-Denkmal für München,
bei welchem der Regent in der Hubertustracht zu
Roß dargestellt wird, und das Hamburger Bis-
marck-Denkmal, das den Kanzler als eisernen
Ritter verbildlicht. Zum Schluß sei noch auf die
Unmöglichkeit hingewiesen, daß ein Künstler seine
Intentionen über ein erst zu gestaltendes Werk
durch Worte erklären kann. Nur das vollen-
dete Werk gibt die Meinung des Künstlers
in voller Klarheit wieder, und auch dann erst
scheint eine berechtigte Kritik am Platze.
L. Tuaillon
albert von keller
Sommer-Ausstellung der Münchener Secession
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