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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 18.1902-1903

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Winkler, Georg: Anselm und Henriette Feuerbach und ihre Beziehungen zum Grafen Schack, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12081#0123

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-a-5^> SCHACK UND FEUERBACH <2sä^

JULIUS BERGMANN FISCHZUG BEI HOHEM WASSER

Aus der Deutsch-Nationalen Kunstausstellung :u Düsseldorf

die einen treuen Spiegel ihres dem Sohne
geweihten Wirkens bilden. Trotzdem sie sich
selbst nicht unbedeutend schriftstellerisch be-
tätigte, so war doch der Mittelpunkt ihres
Daseins ihr Stiefsohn, seine Fortschritte und
Erfolge ihr Glück; seinen Dornenweg wan-
delte sie mit ihm und nahm auch noch die
Schmerzen geduldig auf sich, die ihr der
reizbare Künstler zufügte.

Feuerbach lohnte nämlich ihre mütterliche
Liebe und Aufopferung nicht immer mit Dank-
barkeit. Er war Egoist. Seine Selbstsucht
bildet die Schattenseite seines sonst noblen
Charakters. Es ist der Egoismus des Genies,
welches seine künstlerische Entfaltung als
das Wichtigste, die größten ihm zu diesem
Zwecke dargebrachten Opfer als etwas Selbst-
verständliches, den natürlichen und gerechten
Widerstand als Feindseligkeit betrachtet. Wenn
man in Allgeyer, p. 86 liest, „daß Feuerbach
am Ende seines Pariser Aufenthalts einem
bestrickenden Wesen widerstandslos verfiel,
daß er auf hohen Wogen der Leidenschaft
dahintrieb" und aus dem „Vermächtnis", p. 53
entnimmt, daß dies geschah, während seine
Mutter sich für ihn finanziell verblutete*),

*) So schreibt Feuerbach selbst!

oder wenn man erfährt, daß er sein Modell
Nana mit einem gewissen Luxus umgab, wäh-
rend sich seine Mutter in gedrückten Ver-
hältnissen befand, so kommt man zu dem
zwingenden Schluß, daß eine solche Selbst-
sucht weit über das Maß hinausgeht, an das
vermeintliche oder wirkliche Genies uns ge-
wöhnt haben. Aussprüche wie: „LiebeMutter,
denke an mich als Einen von Gott und allen
Göttern Begnadeten" (Brief v. 21. Nov. 1872)
oder „Ich und mein Genius, das ist das
nächste" (Nov. 1869) erklären seine Hand-
lungsweise, entschuldigen sie aber nicht. Es
gab auch Zeiten, in denen sich Feuerbach
darüber selbst Vorwürfe machte, so in einem
Briefe vom 4. Juni 1863 an seine Mutter,
der leider viel zu lang ist, als daß er hier
wiedergegeben werden könnte. Er sagt darin:
„Du hast gelitten meinethalb und das soll
und darf nicht mehr geschehen" . . . „Was
Du für mich gelitten und getan hast, wer
hätte es getan?" . . . „Ich weiß, was Dir
wehe tut, das ist mein Benehmen, verzeihe
mir alles, wenn Du kannst."

Henriette nahm von Anfang an nicht nur
den schriftlichen, sondern auch den Geld-
verkehr zwischen dem Künstler und seinem
Auftraggeber in die Hand. Wie der Leser

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