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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 18.1902-1903

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Winkler, Georg: Anselm und Henriette Feuerbach und ihre Beziehungen zum Grafen Schack, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12081#0125

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IHRE BEZIEHUNGEN ZUM GRAFEN SCHACK <2^~

Feuerbachs ihnen unverständliche Bilder her-
fielen, die ja jetzt noch ein Muther zum
großen Teil kalt, nervenlos, wie von einem
echten alten Venezianer als Gespenst gemalt
findet. „Man wünscht sich vor manchem
seiner Bilder einen Ofen in der Nähe, sie
wirken so kalt, daß man fröstelt", meint er
mit seltsamer Verwechslung der körperlichen
und seelischen Wärme.*)

Die Aufnahme mehrerer Bilder Feuerbachs
in die Schackgalerie blieb nicht ohne Einfluß auf
die öffentliche Stimmung über den Künstler.
„Es ist, wie wenn Ihre großmütige Teilnahme
meinem Sohne auch anderwärts Segen ge-
bracht hätte", schrieb Henriette am 6. Februar
1863 an Schack. „Ein wenig Sonnenschein
wird das sich entfaltende Talent gewiß schnell
zur Reife bringen. Bis jetzt hat es ihn ganz
entbehrt. ... Da Sie mir erlauben, Ihnen
von Zeit zu Zeit neue Bilder zur Ansicht zu
übersenden, so soll es an mir gewiß nicht
fehlen. . . . Ich habe den stillen Glauben,
daß Ihre Dazwischenkunft den Wendepunkt
in dem Schicksal des jungen Künstlers be-
zeichnet und dann werden Sie gewiß noch
selbst Freude an Ihrer Tat haben." Aus
demselben Briefe geht hervor, daß Schack
sämtliche Transporte freiwillig auf seine Rech-
nung nahm.

Das Jahr 1863 beschäftigte Feuerbach auch
noch mit der im Auftrage Schacks nach einem
entzückenden (jetzt in dem Münchener Kupfer-
stichkabinett befindlichen) Entwurf be-
gonnenen „Francesca da Rimini", an welchem
Bilde er „mit voller Liebe und Freude arbeitete
und das er in seinem Atelier zu behalten
wünscht, damit es Herr von Schack dort zu-
erst in seiner ganzen Wirkung sehe und daß
er es nicht gleich einsargen müsse", wie in
dem Briefe Henriettes vom 12. November zu
lesen ist. Derselbe enthält auch die Meldung
von einem Zerwürfnis zwischen Feuerbach
und Böcklin, über welches Henriette durch-
aus nicht unglücklich ist, weil sie glaubt,
daß der Einfluß Böcklins ihren Sohn zu
einem höheren Grad von Rücksichtslosigkeit
verleitet habe, als dessen weiches Gemüt
vertragen konnte.

Zwei Monate später konnte Henriette an
Schack schreiben, daß „Anselm sich gesund,
heiter und arbeitswütig meldet, daß er be-
sonderes Glück bei der Arbeit hat, daß die
„Francesca" zu seiner Befriedigung fertig, das

*) Mehr als diese gewohnte Herabwürdigung seiner
Kunst hätte Feuerbach sicherlich geschmerzt, daß
Muther ihm seinen hohen — nach Speidel „feinen" —
Tenor zu einer „tiefen Stimme" herunterdrückt.

Kinderbild*) in der Anlage außerordentlich
gelungen ist, daß er auch die „Nymphe"**)
glücklich aufgezeichnet hat. ... Er arbeitet
ganz aus dem Herzen. Als Stern für seine
späteren Jahre leuchtet ihm, zum vollen Aus-
druck seines Talents, eine schöne Idee vor:
„Das Gastmahl des Piaton", für jetzt aber
ist der Gedanke genügend. . . . Von Herrn
Lenbach schreibt er, daß es ein sehr liebens-
würdiger, bescheidener Mann sei, den er

FRITZ BURGER BILDNIS: BERN-

HARD PANKOK«

gerne habe." In einem Briefe vom 1. März
1864 sagt sie: „Anliegend übersende ich Ihnen
die Quittung über das von Ihnen gütig über-
sandte Geld mit meinem wärmsten, fast
möchte ich sagen, gewohnten Dank. Es macht
mich sehr glücklich, daß Sie mit dem neuen
Bilde zufrieden sind und daß somit Anselm
sich über seine Leistungen nicht in Täuschung
hält. . . Er fühlt sich in raschem Fortschritt
begriffen, weil er in Gemütsruhe und ohne
Sorge arbeiten kann. Das danken wir Ihnen
allein."

Bald darauf besuchte Schack den Künstler

*) >Badende Kinder* (Schackgalerie).
**) >Nymphe, musizierende Kinder belauschend<
(Schackgalerie).

III
 
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