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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 18.1902-1903

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Bredt, Ernst Wilhelm: Die Bilder der Salomé
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https://doi.org/10.11588/diglit.12081#0269

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DIE BILDER DER SALOME

Von Dr. E. W. Bredt

Nur im Tanze weiß' ich der höchsten

z. B., nach der Salome zum Fluche ihrer Tat
Dinge Gleichnis zu reden. sich dem Wolkengejage der Diana für immer

anschließen mußte, scheint kaum durch frühere

In klassischer Knappheit über- als Albrecht Altdorfer eine Darstellung ge-
liefert uns die Bibel die Er- funden zu haben. Die Entwicklungsgeschichte
Zählung vom Gastmahle des der Malerei vermag gewiß nicht allein für
Herodes, vom Tanz der Sa- die fast tausendjährige Unfruchtbarkeit des
lome, von der Hinrichtung biblischen Themas eine Erklärung zu geben.
Johannes des Täufers. Nur Was hat es rein kunstgeschichtlich zu sagen,
schwer läßt sich mit dieser wenn sich z. B. in den bekannten Bildvor-
inhaltvollen Erzählung eine Schriften vom Berge Athos keine darauf be-
andere des Neuen Testa- zieht, wie der Maler das verhängnisvolle Gast-
mentes vergleichen. Psycho- mahl des Herodes darzustellen habe? Gibt
logisch kaum zu erklärende dies nicht weit eher eine kultur-als eine kunst-
Abnormitäten treten lebendig geschichtliche Erklärung ab? Wer da fragt
vor uns, eine Kette seelischer „Vermochte etwa die frühchristliche Kunst
Konflikte fesselt uns an die nicht das Salomethema verständlich genug
Verfolgung der Vorgänge, die darzustellen?", der wird viel weitere Fragen,
nur eines Pathologen Inter- viel bejahende und viel verneinende Antworten
esse finden würden — wenn zu hören bekommen. Den Kern aber der Tat-
nicht die denkbar einfache Er- sache würde keine davon berühren.
Zählung so voll naiv-künstleri- Gewiß, die ganze dämonische Gewalt eines
sehen Gehaltes wäre. — Mit solchen Scheusals wie des galiläischen Vier-
keinem Wort wird der Salome fürsten schöner Nichte vermochte die da-
die bernwards- Tanz geschildert, jener Tanz, malige Kunst keineswegs darzustellen — aber
säule in dessen Lohn und Opfer das das ganze Salomethema hätte sie, wenn sie
hildesheim Haupt eines Menschen war, der gewollt, zu verbildlichen gewußt. Denn Tanz
zweifellos die Geister seiner und Tanzende hat die frühere christliche
Zeit gewaltig beherrschte. Wie scheinbar Kunst sogar ungewöhnlich lebendig dargestellt,
kalt und gleichgültig läßt der Er-
zähler die Worte fallen: „Und der
Tanz gefiel dem Herodes wohl."
Aber sicherlich ist diese Bemerkung
gerade so künstlerisch bewußt vom
alten Schriftsteller eingefügt worden,
wie der ganze Vorgang von den
Künstlern des 15. und des 16. Jahr-
hunderts, besonders den nordischen,
mit einer unsagbar packend gleich-
gültigen Bewegung und Miene der
Salome dargestellt wurde.

Ganz natürlich erweiterten rasch
dichterische Zutaten diese knappe Er-
zählung zur Legende mit Liebesge-
schichte und phantastischem Aus-
gange. Es sind Erklärungsversuche
zur Psyche der Herodiastochter.

Merkwürdig, nur die Malerei, die
bildende Kunst überhaupt, scheint
fast tausend Jahre an diesem Thema
interesselos vorübergegangen zu sein. relief an der bernwards- der tanz der

Und jene alte christliche Legende säule in hildesheim •««« Salome«««««

Die Kunst für Alle XVIII. n. t. Marz 1903.

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