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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 18.1902-1903

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Voss, Eugen: Die hygroskopische Eigenschaft der Malleinwand und das "Bilderschutzmittel Voss"
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https://doi.org/10.11588/diglit.12081#0282

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-b-s^> DAS BILDERSCHUTZMITTEL VOSS <öä-*-

»Lieber Oelfarbe und Conservirung der Gemälde- nimmt der Leinwand ihre hygroskopische Eigenschaft

galerien durch das Regenerations - Verfahren « •) nicht, da er selbst, wie alle vegetabilen und anima-

wörtlich: lischen Fette, Oele und Harze, hygroskopisch ist.

»Gleichwie z. B. hölzerne Geräte auch im Zimmer Die Versuche, die ich darüber angestellt habe, sind
stets an Gewicht ab- und zunehmen, je nachdem so leicht vorzunehmen, daß sich jeder selbst da-
sie unter verschiedenen Wärme- und Feuchtigkeits- von überzeugen kann; ich habe Stücke Malleinwand
Verhältnissen der Luft Wasser abgeben oder wieder von der Rückseite mit allen existierenden Fetten,
aufnehmen, so erfolgt dies ebenso bei Bildern; Oelen und Harzen getränkt und darüber Wasser
selbst diese, wenn sie auch vor Regen vollständig gestrichen. Je nach dem Grade der Durchlässigkeit
geschützt sind, nehmen aus der Luft Wasser auf für Wasser zieht sich die Leinwand zusammen und
und geben es unter anderen Umständen wieder ab, krümmt sich mit der grundierten Fläche nach außen,
und dieser wenn auch noch so geringe Wechsel da diese länger standhält. Aus der stärkeren oder
im Feucht- und Trocken werden, obschon viel ge- geringeren Krümmung dieser Stücke bildete ich mir
ringer als im Freien, hat doch naturnotwendig die- eine Skala von 9 bis 1, so daß die stärkste Krüm-
seiben Folgen. Die Oelgemälde in den Galerien mung mit 9 bezeichnet wurde. Bei Copaivabalsam
gehen ebenso zugrunde wie Oelanstriche im Freien. musste ich 6 verzeichnen, also noch eine starke
Die Zeit, in welcher beide zugrunde gehen, hängt Durchlässigkeit für Wasser.

nicht von qualitativen, sondern nur von quantitativen Die Malleinwand wird jetzt häufig von der Rück-
Unterschieden ab. Der Untergang der Oelgemälde seite schon bei der Fabrikation eingeölt, aber auch
ist daher nur eine Frage der Zeit, wenn nichts ge- diese Einölung hat so gut wie gar keinen Einfluß
schieht oder geschehen kann, diese Einflüsse der auf die Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtigkeit.
Atmosphäre zu beseitigen oder unschädlich zu Solche Leinwand, hinten naß gemacht, rollt sich
machen.« ebenso wie ungeölte Stücke, wie Zimmtstangen zu-
Pettenkofer empfahl damals die Tränkung der sammen. Zu dem Feuchtigkeitsgehalt der Luft ge-
Rückseite mit Copaivabalsam. Aber auch dieser seilen sich in noch stärkerer Wirkung feuchte

-. Wände und das wirkliche Naßwerden, welchem die

*) Zweite Auflage 1902, Braunschweig, Vieweg & Sohn. 3 M. Rückseite beim Waschen der Bilder eventuell aus-

Pettenkofer widmete das Buch 1870 den Künstlern Münchens. gesetzt ist. Durch den immer wiederkehrenden

Daß diese Arbeit, die Pettenkofers Ruhm mitbegründet hat, nach prn7Pn des 7lKammpn7iplii'n<; itnH WipHpransrlphnpns
einem Menschenalter erst in zweiter Auflage erscheint, mag daher f'rozeiS aes/.usammenzienens unO W leaerausaeiinens

kommen, daß die meisten seiner Ratschläge schon längst in andere ist die Leinwand in fortwahrender Arbeit an dem

Hand- und Lehrbücher übergegangen sind. Wenn so viele kost- Ruin der Bilder begriffen; auch das endliche Ver-
bare Werke durch Pettenkofers Verfahren gerettet wurden, so wird mtfpn „nfl 7Prfqllpn Hpr Tpinu-snrl ist rlpr Finwir-

der schaffende Künstler, der die hier ausführlich dargelegten Rat- rotten una z.ertaiien der Leinwand ist aer tinuir

schlage befolgt, von vornherein seine Bilder vor rascher Zersetzung KUng der Feuchtigkeit zuzuschreiben.

zu schützen wissen. Durfte doch Pettenkofer die Ansicht aus- Ein wirksamer Schutz dagegen ist mir in einer

sprechendaß. bei richtiger■Maltechnik und Konservierung. Bilder Mischung von Vaseline, Paraffinum SOlidum und
die gleiche Lebensdauer rinden konnten wie die Werke in Marmor . ° , ,-n »«> p,.

oder Bronze. b. Ceresin gelungen, deren heißer Auttrag auf die

Rückseite schon bei der Fabrikation die Mal-
leinwand dauernd widerstandsfähig gegen
Feuchtigkeitseinflüsse macht. Derartig prä-
parierte Leinwand wird demnächst im
Handel erscheinen. Die Wirkung ist be-
hördlich geprüft und mir dafür das Patent
erteilt worden. Das Bilderschutzmittel,
welches die Firma Günther Wagner, Han-
nover und Wien, unter meinem Namen
in den Verkehr bringt, hat noch einen
Zusatz von Terpentin, um die Masse leicht
streichbar, auftragsfähig zu machen, der
Terpentin verdunstet sehr bald, so daß
die Masse ebenfalls in der Leinwand fest-
gesogen bleibt und diese trocken und ge-
schmeidig erhält. Wenn man über die
damit getränkte Rückseite eines Stückes
Malleinwand Wasser streicht, so rollt es
in Tropfen darüber hinweg und verdunstet
darauf stehen bleibend, ohne eine Spur
zu hinterlassen. Das Stück bleibt flach
liegen; die Feuchtigkeit kann der Lein-
wand nun nichts mehr anhaben, und da-
mit ist das Wohlerhaltenbleiben der Bilder
gesichert.

Eugen Voss, Königsberg i. Pr.

SPRUCH

Am guten Alten,
In Treuen halten,
Am kräftigen Neuen
Sich stärken und freuen,
Wird niemand gereuen.

VIKTOR MÜLLER SALOME Emanuel Geibel

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