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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 18.1902-1903

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Elias, Julius: Walter Leistikow
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https://doi.org/10.11588/diglit.12081#0374

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-a-4£> WALTER LEISTIKOW

Fernsichten bis zu schnee-
bedeckten Zinnen, über wo-
gende Hochwälder hin, die
vorn in das Bild einschnei-
den ; man blickt frei zu den
Gipfeln und zum Lichte und
zur großen Stille. Es ist das
Land, wo die Menschen Ib-
sens ihr inneres Erlebnis ha-
ben, wo Allmers wandert, den
Tod als unsichtbaren Reise-
gefährten an seiner Seite;
wo Rubek und Irene ihr
echtes, ihr höheres Dasein
finden. Ein Bild, das halb die
Anschauung, halb die Be-
schaulichkeit beschäftigt. Li-
terarische Stimmungen wird
man nicht völlig los. Doch
neben solch einem Ueber-
gangswerke stehen Male-
reien, die ganz klare Natur

zu schauen und zu fühlen geben. Leisti- schreitende Aufhellung; eine entschiedene
kow versucht systematischer, mit der Sonne Wendung vom Kolorieren zum Kolorismus.
und gegen die Sonne zu sehen. Ein Brach- Der Weg zum impressionistischen Gedanken
land mit Wolkenschatten, eine schöne Har- liegt jetzt offener vor Leistikow denn je vor-
monie in Grau und Gold; ein kleines Wasser, her. Er komme nicht ab von diesem Wege!
das wunderhübsch gemalt ist, als Element Leistikow ist als Maler so wahr gewesen,
flüssig und feucht. Oder Grunewaldpartien wie er es eben verstand. Aber es gibt noch
und -Seen im strengen Tageslicht, oder See- ein anderes Ziel der Wahrmalerei, und das
stücke mit halb-kühler, halb-warmer Atmo- ist dem sich entwickelnden Geschlechte ge-
sphäre oder Schneebilder mit weichen, Silber- steckt: Es ist die Ueberleitung des Ideals
grauen Akkorden. Monet in unsere Anschauungs- und Gefühls-

In der Zeichnung fortschreitende Verein- weit: das für sich bestehende Leben der
fachung, in der malerischen Form fort- Farbe zu schaffen, am farbigen Abglanz das

Leben zu zeigen. Es wird
ein leidenschaftlicher Kultus
des Lichtes werden. Wir
können unter den Dienern
dieses Kultus Walter Leisti-
kow nicht entbehren.

W ALTER LEISTIKOW AUS NORW EGEN' (1896)

GEDANKEN ÜBER KUNST

Das Gegenteil von Kunst ist
die Art der Malerei, die sich
durch stofflichen Inhalt in den
Dienst des Philistertums stellt.

J Mc. Neill Whistler


Die schiverste und letzte Auf-
gabe des Künstlers ist die Dar-
stellung des Gleichbleibenden, in
sich Ruhenden, Stolzen, Ein-
fachen, vom Einzelreiz weit Ab-
sehenden. Friedrich Nietzsche

(Ehrliches Malertam 236)

WALTER LEISTIKOW BIRKEN IM W ALDE (1894)

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