Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 18.1902-1903

DOI Artikel:
Rosenhagen, Hans: Aus den Berliner Kunstsalons
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12081#0383

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
^5Ö> AUS DEN BERLINER KUNSTSALONS <3s^-

walter leistikow w al d i n n e r e s (1902)

mit einer Meisterschaft gezeichnet, über die man
erstaunen muß. Von Renoir ist, außer einer
blauen Vase voller >Sonnenblumen- und einer
Badenden«, das wunderhübsche Bild der blauge-
kleideten iDame mit dem japanischen Schirm« im
Grünen vorhanden, von Manet eine höchst inter-
essante, aber unvollendet gebliebene >Reiterin« in
sandfarbenem Kostüm, mit weißem, blaubebändertem
Strohhut auf braunem Pferd unter grünen Bäumen.
— Bei Ed. Schulte werden dem Besucher einige
neunzig Bilder deutscher, französischer, englischer,
schwedischer und holländischer Maler gezeigt, die
beweisen sollen, daß die Raffaelli-Stifte (Oelfarben
in trockener Form) das Malmittel der Zukunft sind.
In der Tat erweisen sich diese Stifte als sehr ver-
wendbar, etwa so wie die Pastellstifte, obschon es für
den Künstler wohl bequemer ist, sich den gewünschten
Farbenton auf der Palette selbst zu mischen als den
fertigen unter den zweihundertundfünfzehn Tönen
der Raffaelli-Stift-Kollektion herauszusuchen. Ueber
die Annehmlichkeiten der Verwendung gehen die
Urteile noch auseinander. Es scheint, daß die Stifte
sich für eine strichelnde, vibrierende Technik be-
sonders gut eignen. Daher denn auch Raffaelli selbst
bei seinen Bildern eine ganz vorzügliche Wirkung
erreicht. Ueber das ausgestellte Bildermaterial läßt
sich sonst wenig sagen. Mäßige Maler bleiben,
auch mit Raffaelli-Stiften ausgerüstet, mäßige Maler.
Einige höhere Ansprüche werden durch Raffaelli
befriedigt, der zahlreiche Landschaften, darunter
eine ausgezeichnete Ansicht von Notre-Dame und
eine feine Uferlandschaft mit sprödem Frühlings-
grün ausstellt,durch GuillaumeRogers'Amsterdam
und >Quai du Miroir in Brügge«, durch ein paar
gut gesehene ^Angler« von H. G. Ibels, durch
ein >Moor« von Modersohn in gewohntem Stil,
durch einen >Morgen am Ufer- von Julius Berg-
mann mit Sonnengefunkel über Schlick, durch
Landschaften von Eugen Kampf und OlofJernberg,
einige charakteristische Arbeiten vonFRiTzTHAULOw,
durch Steinlen's ; Witwe«, die übrigens wie eine
gewöhnliche Farbenstiftzeichnung wirkt, und durch
das Porträt eines jungen Mannes von Besnard,
an dem indessen auch mit gewöhnlicher Oelfarbe
gemalt ist. Zu beweisen bleibt übrigens noch die

Haltbarkeit der mit den Stiften hergestellten Werke.
Zwischen diesen annähernd eine Kunstvereins-
Stimmung verbreitenden Bildern hängt eine große
Schöpfung von Eugene Burnand, >Das hohe-
priesterliche Gebet«, Christus, inmitten seinerjünger
betend. Alle in weißen Kleidern hinter einer weiß-
gedeckten Tafel vor einer weißen Wand. Die aus-
drucksvollen Köpfe können nicht verhindern, daß
das Ganze sehr monoton wirkt. Das Weiße im
Vordergrund ist entschieden eine Ungeschicklich-
keit, weil die Köpfe zwischen diesem und dem
langweiligen Weiß des Hintergrundes zu schweben
scheinen und nirgends eine tiefe und lebhafte
Farbennote anklingt. Fritz Strobentz stellt eine
Kollektion von Genrebildern, Landschaften, Porträts
aus, die nicht übel, aber ganz unpersönlich sind
und bald an Langhammer, bald an Löfftz, an Fehr
oder an Herterich denken lassen. Die immerhin
hübschen Gaben des Künstlers kommen in einem
anmutigen Bildchen, >Die Lektüre«, auf den Klang
von Gelb, Grau und Rosa gestellt, am besten zur
Geltung. DieSchwedin Anna Boberg zeigtnordische
Alpenscenerien, die sehr anspruchsvoll aussehen und
mehr Oelfarbe als beobachtete Natur bieten. — Im
Künstlerhause stellt der greise Adolf Menzel
zwei Bilder und eine große Zahl älterer und neuerer
Zeichnungen und Gouachen aus, die sehr geeignet
sind, Begeisterung für ihn zu wecken. Das gilt
besonders von dem einen Bilde, eine Landschaft
aus dem Jahre 1847, den Kreuzberg« bei Berlin
darstellend. Dieser Kreuzberg lag damals noch nicht
in der Stadt, trug keine Häuser und Straßen und
keine fontaine lumineuse in Form eines Wasserfalls.
Dafür war er nach der Stadtseite hin von Gärten
umgeben, in denen bescheidene Landhäuschen und
einige Villen lagen. Er selbst war grün bewachsen
und nur einige riesige Sandgruben an seinem süd-
westlichen Abhänge ließen erkennen, daß er kein
besonders solides Gebilde der Natur ist. Das
Menzelsche Bild beginnt vorn mit einer Weiden-
gruppe auf einer Anhöhe, von der aus man über
wüstes Feld auf ein paar altmodisch hübsche Land-
häuser blickt. Eine Chaussee führt vorbei, auf der
ein Bauernwagen, von flinken Pferden gezogen, in
die Stadt führt. Ein Seitenblick der Sonne fällt

360
 
Annotationen