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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 18.1902-1903

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Rosenhagen, Hans: Die siebente Kunstausstellung der Berliner Secession, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12081#0420

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■sr4^> BERLINER SECESSION <S*^-

Manet, Monet, Cezanne u. a. gar nicht übel nimmt es mit Segantini, Slevogt mit Monet
aus. Das ist ein großer Gewinn, den man auf, Breyer kann als geschmackvoller Maler
noch vor wenigen Jahren nicht zu erhoffen ganz gut Vuillard und dessen Genossen die
wagte. Neue Talente sind allerdings nicht Spitze bieten. Rodin freilich blieb ohne Ri-
aufgetaucht. Stärker als sonst ist das Aus- valen. Aber wo gäbe es den?
land an dieser Ausstellung beteiligt. Es gab Der Eintrittsraum der Ausstellung hat einen
aber kein anderes Mittel, um die reinkünst- würdigen Schmuck in Segantini's Triptychon
lerische Tendenz, unter deren Zeichen allein „Werden — Sein — Vergehen" erhalten, einem
die Berliner Secession zu kämpfen und zu Werke (Abb. s. S. 402 u. 403), über dessen
siegen wünscht, so scharf herauszubringen, Bedeutung kein Wort mehr zu verlieren ist,
wie es geschehen ist. Indessen blieb auf obschon ein ehrlicher Beurteiler nicht ver-
deutscher Seite kein Posten unbesetzt, der schweigen wird, daß es die früheren Schöp-
dem Ausland gegenüber zu verteidigen war, fungen dieser Art des Meisters nicht über-
und niemand wird behaupten können, daß trifft, und wohl nur das Bild „Werden" mit
die deutsche Position nicht sehr rühmlich der Bäuerin, die, gesegneten Leibes, neben
gehalten worden sei. Manet steht Leibi der trächtigen Kuh über die grüne Alm
gegenüber, Cezanne ist durch Trübner voll- schreitet, sich neben Segantinis besseren
kommen in den Schatten gestellt, Liebermann Leistungen behaupten kann. Außerdem ent-
hält der Raum zwei Werke Rodins,
die beide in wunderbarer Weise
das Neue, das dieser Meister ge-
bracht hat, erkennen lassen. Ro-
din zeigt nicht wie Segantini das
„Werden" in einem Symbol, son-
dern den Prozeß des Werdens
selbst in seiner „Hand Gottes".
Eine mächtige, kraftvolle und be-
seelte Manneshand reckt sich aus
einem Marmorblock und hält zwi-
schen den Fingern eine formlose
Masse. Aber in dieser zuckt
schon das Leben. Man nimmt den
Körper eines ruhenden Mannes
wahr, über dessen Haupt sich
von oben her aus dem Erdenkloß
ein Weib von herrlicher Gestalt
neigt. Die erste Empfindung des
Weibes ist Liebe, und so küßt
es den zum Leben erwachten
Mann. Der aber greift mit er-
hobenen Armen nach dem holden
Bild, um es festzuhalten. Ein
Werk, wie es noch nie geschaffen
wurde! Die Kühnheit der Be-
wegung ist ebenso erstaunlich
wie die der Erfindung und Aus-
führung. Das gilt aber auch für
das andere Bildwerk „Mond und
Erde" (Abb. s. nebenstehend), ver-
körpert in zwei aus einem Mar-
morblock sich lösenden, weib-
lichen Gestalten, die in eine lie-
bende Umarmung streben. Wie
weich sind diese Körper! Und
doch fehlt selbst der Schein der
Süßlichkeit. Hat man je ein ent-
august rodin mond und erde Eckender stilisiertes Gewand ge-

Ausstellung der Berliner Secession Sehen als das, was hier die den

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