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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 18.1902-1903

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Habich, Georg: Die Sommer-Ausstellung der Münchener Secession, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12081#0470

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KARL BAUER

RITTER VOR DEM KAMPFE

Scmmer-Ausstellung der Münchener Secession

DIE SOMMER-AUSSTELLUNG

DER MÜNCHENER SECESSION

Zwei große Skulptur-Werke grüßen am
Eingang der Secession den Besucher:
der „Vater Rhein" und eine Gruppe „Vater-
iandslied". Klingt das nicht verheißungsvoll
und poetisch? In Wahrheit bedeutet die Auf-
stellung von Adolf Hildebrand's herrlicher
Rhenusstatue (vom Straßburger Monumental-
brunnen) und Hugo Kaufmann's neuestem
Werke, der überlegt angeordneten, mit sorg-
fältiger Naturbeobachtung modellierten, ernst
und feierlich anmutenden Gruppe, die der
genannte Künstler für sein Frankfurter Ein-
heitsdenkmal fertig gestellt hat, so wie diese
beiden einzigen größeren Plastiken der Aus-
stellung da vor der Türe stehen, lediglich
einen Notbehelf. Was hindert die Secession,
die Hofräume ihres Gebäudes, von denen wohl
die wenigsten Besucher eine Ahnung haben,
mit Glas zu überdachen und auf diese Weise
einen durch gärtnerische Anlagen sehr hübsch
auszugestaltenden Raum für bedeutendere
Werke der Bildhauerkunst zu gewinnen?
Ist es wahr, was man hört, daß es die
kgl. Baubehörde ist, welche die klassischen
Bauwerke aus der Zeit Königs Ludwigs I.

schlechtweg für unberührbar erklärt? Die-
selbe Baubehörde, die im Umbau der Staats-
bibliothek — auch ein Monumentalbau Königs
Ludwigs — einen so merkwürdig entwickel-
ten Sinn für monumentales Achsensystem
erwiesen hat. Ja: Pietät ist eine schöne
Sache, sonderlich da, wo sie am Platze wäre.
Aber man sollte sich doch scheuen, überall, wo
es sich um Bemäntelung ängstlichen Haftens
am Hergebrachten handelt, die Manen des
groß- und weitherzigen königlichen Förderers
der Künste zu zitieren. Die gegenwärtigen
Raumverhältnisse zwingen die Secession, auf
größere Plastiken zu verzichten. Damit
hängt es wohl zusammen, daß uns auch in
diesem Jahre die hervorragendsten Meister
der modernen Bildnerkunst, ein Rodin,
Dillens, van der Stappen, Meunier, Tuaillon
u. a. in München wiederum fehlen.

Dagegen ist die jüngere Münchener Bild-
hauerschule gut vertreten. Hermann Hahn ex-
zelliert mit einigen Marmorbildnissen von be-
kannter Tüchtigkeit, die bei großer Geschlossen-
heit der Gesamterscheinung in der Behandlung
derphysiognomisch bedeutsamen, beweglichen

Die Kunst für Alle XVIII. 19. 1. Juli 1903

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