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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1885

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Vermischte Mittheilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7029#0020

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"Vermischte jljlVheilungen.

Heber Kronberg’s Grün, eine neue Malerfarbe.) von
Or. 2\. Kronberg, Lhemiker, technischer Hilfsarbeiter am kaiserlichen
Patentamte in Berlin.

Hnter der Bezeichnung „Kronberg's Grün" hat vor einigen Jahren
die bekannte Firma Or. F. Schönfeld & To. in Düsseldorf eine
neue Malerfarbe in den Pandel gebracht, welche gleich bei ihrem ersten
Bekanntwerden die Aufmerksamkeit der Malerwelt, namentlich der
Landschaftsmaler, in hohem Grade auf sich lenkte und allmählig
einen immer größeren Kreis von Freunden erwarb. Der bekannte
Direktor der Königlichen Gemäldegalerie zu Dresden,
Or. I. püb ner, Mitglied des akademischen Rathes , welcher
sie zuerst eingehend prüfte, gab über sie ein sehr günstiges schriftliches
Gutachten ab. Die Farbe bildet nach seinem fachmännischen Hrtheile
„eine ganz vorzügliche Bereicherung unserer Palette,
um so erwünschter, als die bisherigen grünen Pigmente unvollkommener
Art sind, und empfiehlt sich allen Malern aufs Beste."

Kronberg's Grün zeichnet sich vor allen anderen bis jetzt be-
kannten grünen Malerfarben sowohl durch die Schönheit der
Farbe, als auch vollständige Echtheit aus. Die Farbe ist ein pracht-
volles, intensives, ganz reines Grün ohne irgendwelchen Stich in
irgend eine andere Farbe, namentlich nicht in Blau. Besonders scharf
zeigt sich dies bei künstlichem Lichte. Während man bei diesem be-
kanntlich andere grüne Farben von Blau oder Blaugrün nicht scharf
unterscheiden kann, manches Auge sie sogar direkt verwechselt, erscheint
Kronberg's Grün auch beiAbend vollständigreingrün, ohne
auch nur die geringste Beimischung von Blau. Es kann dies ein Wink
für Maler sein, welche Werth darauf legen, daß ihre Gemälde auch
bei Abendbeleuchtung, z. B. in feineren, mit Gemälden dekorirten Ge-
sellschafts- und Ballsälen, m ihrer vollen Farbenpracht erscheinen.

Zu dem Vorzug der Schönheit der Farbe gesellt sich als weiterer
der der vollkommenen Echtheit oder Licht- und Luftbeständig-
keit. Während ein Theil der bisher angewandten grünen Farben schon
durch matte Jimmerbeleuchtung leidet, ein anderer die sehr üble Eigen-
schaft des Nachdunkelns in Del zeigt, so daß Landschaftsgemälde oft
schon nach kurzer Zeit ganz unansehnlich oder dunkel werden, trotzt
Kronberg's Grün selbst der Einwirkung des direkten Sonnen-
lichts und behält auch in Del, ohne irgendwie nachzudunkeln, stets
den ursprünglichen prachtvollen Farbenton. Bei wiederholt angestellten
versuchen wurde die auf Leinwand aufgetragene Velfarbe im poch-
sommer bei stets heiterem Wetter etwa einen Monat lang an der
Südseite eines freiliegenden pauses dem direkten Sonnenlicht ausge-
gesetzt, von dem man sicher eine bleichende Wirkung erwartete; aber
ganz vergeblich. Der vergleich der belichteten Farbe mit einer bis da-
hin im Dunkeln aufbewahrten Gegenprobe zeigte auf das Schlagendste,
daß das Licht und die Atmosphärilien auf die Farbe auch nicht
im Geringsten einwirken. Ebensowenig beeinträchtigte monatelanges
verweilen in einer dumpfen und zugleich staubigen Vertlichkeit die
Schönheit der Farbe; nach mechanischer Entfernung des Staubes trat
sie wieder in überraschender Reinheit und Pracht hervor.

Kronberg's Grün eignet sich, wie Direktor pübner gleich anfangs
richtig erkannte, „ebensowohl zum Gebrauch als Deckfarbe wie
zur Lasur" und wird in Wasser und Gel, besonders aber in letzterem,
verwandt. Der Preis — und das kommt ja für die Technik der Ma-
lerei immer mit in Betracht — war eben nach Entdeckung der Farbe
ziemlich hoch, ist aber in Folge stetiger Fortschritte in der Fabrikation
rasch bedeutend gesunken, so daß die Farbe jetzt schon mit den wohl-
feileren grünen Farben konkurrirt. (Die Tube in Del wurde von
Schönfeld & die. anfänglich mit 1 ITT., dann 75 und 50 Pf. im Detail-
verkauf geliefert und soll jetzt, wie wir hören, noch erheblich billiger
werden. Die Wasserfarbe gelangt in den beliebten Porzellannäpfchen
zum verkauf. Man findet die Farbe in allen größeren Maler-Uten-
silien-pandlungen vorräthig.

Künstliches Elfenbein (Xylonite Jvory, artiücial Ivory),
in Deutschland vertrieben durch die Firma DreymannLcWentzel,
Pamburg.

In diesem Artikel, amerikanischen Ursprungs, liegt uns ein
durch Kunst produzirtes Material als Rival des natürliches Produkts

vor. Für Deutschland ist dies künstliche Elfenbein, welches übrigens
in allen europäischen Staaten patentirt worden ist, vom 14. Aug. 1883
ab unter Patentschutz. Es findet sich in der Patentanmeldungsliste
Nr. 5 ds. Iahrg., Kl. 39 Nr. io7g, geschützt vom 28. Ianuar:

„Verfahren zur Perstellung von künstlichem Elfenbein.

Iarvis Bonesteel Edson in Adams (Maffach. v. St. A.);

vertr.: I- Brandt & G. W. v. Nawrocki, Berlin W."

Der Pflanzenfaserstoff, welcher die Grundlage dieses Materials
bildet, ist in seiner Verarbeitung zu Telluloid bekannt; wobei wir,
beim Gebrauch dieses Worts an den betreffenden Artikel erinnert,
doch nicht versäumen wollen, denselben auch unserseits zu rehabilitiren.
Es hat sich nämlich — wie wohl den Meisten bekannt — heraus-
gestellt, daß die Feuergefährlichkeit, speziell die Gefahr der Explosion
durchaus übertrieben worden, daß Telluloid freilich bei offener Flamme
brennt, doch keineswegs besonders leicht Feuer fängt.

Wenden wir uns nach dieser Abschweifung zu dem neuen
Stoff zurück, so verlangt vor Allem die Gerechtigkeit, voran-
zuschicken, daß künstliches Elfenbein nicht ganz und gar als Neu-
heit, als ein ganz neu erfundener Artikel auftritt. Es war nur
bisher, trotz vielfacher versuche, nie gelungen, eine so frapxirende
Aehnlichkeit mit dem Naturprodukt herzustellen. Der Stoff, das Roh-
material war von einem todten, kalkartigen Weiß, welches sich auch
für den Laien schon durch die Farbe vollständig von Elfenbein unter-
schied. Das Neue, stets angestrebte, aber bisher nicht Erreichte, ist —
die Maserung. Diese, welche eine fast täuschende Aehnlichkeit erzeugt,
wird, wie auch die Patentschrift ausführt, dadurch hervorgerufen, daß
man den Faserstoff (Xylonit oder eine ähnliche Substanz) in verschie-
dener Dichte oder geringer Nüancirung in der Farbe herstellt, Heller
und dunkler, dies Produkt dann in Blätter, bez. Scheiben zerschneidet,
diese übereinanderlegt und durch Pressen oder Walzen unter
großem Druck zu einem einzigen Stück znsammenxreßt. Bei späterem
abermaligem Zerschneiden bleibt den einzelnen Scheiben die Struktur
des Blocks mit einer vollständigen Maserung, pinsichtlich seines spezi-
fischen Gewichtes ist dies Material -10 pLt. leichter als Elfenbein.

Wir könnten hiemit schließen, wollten wir nicht noch die
Vorzüge des neuen Erzeugnisses hervorheben und näher beleuchten.
Ist es doch das Streben der Menschen, nicht nur der Natur nach-
zuforschen, ihre Erzeugnisse nachzubilden, sondern sogar — wenn
möglich! ? — noch zu verbessern.

Die erste allgemeine Verbesserung bei solchen Nachahmungen
pstegt der billigere Perstellungpreis zu sein. I" dieser Beziehung ist
denn freilich zu bemerken, daß zwar in massiven Blöcken das Roh-
material nicht so sehr viel billiger ist (etwa 25 pLt.), namentlich bei
starken Platten, daß aber, bei der Verarbeitung zu dünnen Platten,
die Billigkeit eine unverhältnißmäßig bedeutendere ist (eine Seifendose
von Elfenbein zu 30 M. kostet in diesem Stoff nur 2—3 M.)

Die pauxtvorzüge des neuen Stoffs vor dem natürlichen Elfen-
bein bestehen in folgenden Pauptmomenten:

0 Das Rohmaterial selber betreffend:

a) Dasselbe wird nur von ganz starken Säuren an-
gegriffen, jedenfalls weit weniger als Elfenbein, wodurch
es sich überall da, wo die Einwirkung schwacher Säuren
(bei den Speisen u. dgl.) stattfindet, besser zum Gebrauch
empfiehlt;

b) die weiße Farbe ist von viel größerer Dauer und wird
nie gelb.

2) Das verarbeitete Material, das Fabrikat betreffend:

3) es läßt sich nach Erwärmung plastisch in Formen pressen
erhaben oder vertieft, auch zu hohlen Gegenständen;

d) es läßt sich nach einer Form leicht vervielfältigen;

c) man kann flache und Fagon-Tournüre aus einem Stück
daraus Herstellen;

d) es ist leicht zu löthen.

Aus diesen offenbaren Vorzügen geht die Verwendbarkeit zu
den verschiedensten Erzeugnissen hervor, umsomehr als das Material
auf Wunsch von '/10mm Dicke bis zu jeder beliebigen Stärke und in
Plattengröße von 12 X 18 engl. Zoll geliefert wird.
 
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