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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1885

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der Religion und der Würdigkeit — auch entlassene Strafgefangene
nicht ausgeschlossen — durch landwirthschaftliche oder gewerbliche
Thätigkeit, sowie durch eine strenge Hausordnung zu geregeltem, ar-
beitsamen Leben zurückzuführen. Die Rosten zum Ankauf eines ge-
eigneten Gutes nebst erster Einrichtung werden sich auf etwa joo,ooo
Mark belaufen. Nach einer mäßigen Schätzung wendet die Bevölkerung
in Bayern zur Zeit noch alljährlich mindestens den dreifachen Betrag
dieser Summe für Einzelgaben an wandernde Bettler auf, neben all
den Almosen, welche von Seiten der wanderunterstützungs- und Anti-
bettelvereine gereicht werden. Mie viel Gutes könnte mit diesen jetzt
meist nutzlos oder zum Schaden der Empfänger gespendeten Gaben
geschaffen werden! Die in den zehn nunmehr bestehenden deutschen
Arbeiter-Kolonien gemachten Erfahrungen sind der Art, daß wir mit
Errichtung einer ersten Arbeiter-Kolonie in Bayern bereits heilsame
Folgen für das ganze Land in sichere Aussicht stellen können. Möchte
daher ein Jeder ohne Unterschied der Partei und Kon-
fession, des Standes und Berufes fein Scherflein zu
diesem Merke beitragen, welches die Beseitigung eines großen
sozialen Uebels unserer Zeit und die sittliche und wirthschaftliche
Rettung vieler Hunderter, außerdem verlorener Existenzen bezweckt!

Gern werden wir zu näherer Grientirung die von uns ver-
öffentlichten Mitthcilungen des Vereins für Arbeiter-Kolonien in

Bayern jedem sich hierfür Interessirenden zusenden, und bitten wir
diesbezügliche Bestellungen an unseren Herrn Sekretär zu richten.
Gelder bitten wir an Herrn Fabrikanten A. A. Schreiber in Schwein-
furt zu senden. Gewiß werden in den Städten die k. Bezirksämter
und die hochlöblichen Magistrate, auf dem Lande die hochwürdigen
Pfarrämter und die Herren Bürgermeister und außerdem alle ver-
ehelichen Redaktionen zur Empfangnahme und gütigen Uebermittlung
von Gaben für diesen Zweck sich freundlich bereit zeigen. Wir er-
lauben uns wenigstens, ganz ausdrücklich noch darum zu bitten.

Unterzeichnet sind die Herren:

Karl v. Schuttes, rechtst. Bürgermeister, Schweinfurt, {. Vorsitzender.
Adolf Kahl, Pfarrer, Schweinfurt, 2. Vorsitzender. Or. Heinrich
Fürst, kgl. Landgerichtsarzt, Schweinfurt, Sekretär. A. A. Schreiber,
Fabrikant, Schweinfurt, Kassier. I. E. Kirchner, Polizei-Gffiziant,
Schweinfurt. Georg Frhr. v. Grunelius, Gutsbesitzer, Gber-
lauringen. Schork, Domkapitular, Mürzburg. Friedr. Grdnung,
kgl. Bezirksamtmann, Stadtsteinach. Lorenz Korz endo rfer, geistl.
Rath, Bayreuth. Joh. I. K. Kelber, Pfarrer, Förrenbach. Karl
Pohl, rechtskund. Bürgermeister, Schwabach. Neis, Weinwirth,
Aschaffenburg.

Vom Diichercksch.

Stillehre der Architektonischen Formen des Alter-
thums, des Mittelalters und der Renaissance. Im Auf-
träge des k. k. Ministeriums für Kultus und Unterricht verfaßt von
Alois Mauser. Mit 200 Griginal-Holzschnitten. Zweite Auflage.
Wien 1880. Alfred Hölder. Die drei Abtheilungen dieses in seiner
Art höchst vorzüglichen Buches bezwecken, dem Lernenden jene freie
Selbständigkeit in der Beherrschung der Formen zu verleihen, welche
für die freie Bewegung im eigenen Schaffen eine absolut unentbehrliche
ist. Dies Ziel wird dann erreicht, wenn mit dem Verständniß der
Form gleichzeitig auch die Kenntniß ihrer Darstellung erworben wird.
Diese Formen, welche die jeweiligen Stile charakterisiren, sollen und
müssen nach allen Beziehungen verstanden nnd in ihrer äußeren Er-
scheinung frei (aus dem Kopfe) richtig wiedergegeben werden können.
Ungeachtet der kurzen Darstellung ist hier diese eigentliche Formenlehre
in ihrem ganzen Umfange gegeben und zwar so gründlich, gediegen,
anschaulich und deshalb derart faßlich, wie das trotz des Reichthums
der einschlägigen Literatur in gleichem Grade kaum jemals innerhalb
eines so knapp bemessenen Raumes gelungen und erreicht sein dürfte.
Der Text bietet das Nothwendige klar und erschöpfend, die Illustrationen
sind von seltener Vortrefflichkeit und Präcision. Vor Allem aber ist
die Schärfe und Klarheit des Urtheils über die verschiedenen Stile, so
namentlich die Kritik der vaterländischen Renaissance zu der Italiens
und Frankreichs von solcher Gediegenheit, daß derselben eine epoche-
machende Bedeutung in Aussicht stehen sollte.

Vorlagen für Tapezierer und Dekorateure von Eug.
Prignot. joo Blatt. 2. Auflage. Berlin. LH. Llaesen & Lomp.
188q. Die in Folio lithographirten Tafeln geben in gefällig gezeichneten
Skizzen eine Fülle von Anregung und zugleich zweckmäßige Anleitung
zu geschmackvoller komxleter Ausschmückung aller Arten von wohn-
und Rexräsentationsräumen. Die vorgeführten Motive tragen nament-
lich den modernen Bedürfnissen des Komforts und der Eleganz gleich-
mäßig Rechnung und werden ihrer praktischen Verwendbarkeit wegen
dem Fachmann als nutzbringende sich zeigen.

Die Holz-Architektur der Schweiz von E. G. Glad bach
Zweite Auflage. Mit 1 \ \ Griginalzeichnungen. Zürich und Leipzig.
Grell Füßli 8c Lomp. j(885. Die vielfache Verwendung des Holz-
baues in der modernen Architektur und namentlich im Villenbau macht
das Bedürfniß nach klassischer, mustergültiger Vorbildung dieser Gattung
sowohl nach der konstruktiven wie dekorativen Seite hin geltend, Hier
nun die mit Fug und Recht, und namentlich in letzterem Betracht so
hervorragend charakteristischen und schönen, xhantasievollen, künstler-
ischen Gebilde der Holztechnik der Schweiz und namentlich des Berner
Gberlandes dem allgemeinen Gebrauche zugänglich gemacht zu haben
ist das große Verdienst des Buches. Die Illustrationen, welche von
wünschenswertster Vollendung und musterhafter Strenge und Deutlichkeit
der Zeichnung sind, sowie der das Thema sachlich und gediegen er-
läuternde Text, erfüllen die gestellte Aufgabe auf's Vollständigste.

Die Elemente der Gefäßbildnerei mit besonderer Berück-
sichtigung der Keramik von Leopold Gmelin, Professor an der
königl. Kunstgewerbeschule zuMünchen. Druck undver-
lag von Franz Moises. München, 1885.

Dieses werk, bestehend aus einem Atlas mit \2 Tafeln und einer
als abgeschlossenes Ganze behandelten, reich illustrirten Textbeilage,
kann mit Fug und Recht als eine Arbeit bezeichnet werden, welche
eine bisher bestandene Lücke in mustergiltiger Weise ausfüllt und für
das gesammte Gebiet des keramischen Unterrichtes, sowie der keram-
ischen Praxis ein von nun an geradezu unentbehrliches Material zur
Verfügung stellt. Der Verfasser desselben bemerkt in seinem Vorworte
zur Textbeilage sehr richtig: „An guten Publikationen über manche
Zweige der Keramik, die sich als Vorlagen-Material verwenden lassen,
ist kein Mangel; aber es fehlte bisher an einer systematischen Zu-
s ammenstellung der Gefäßtypen und ihrer einzelnen Theile, die es
ermöglicht, Vielseitigkeit des Gebotenen mit Bündigkeit zu vereinigen.
. . . Das unumgänglich nothwendige Koxiren guter Gefäßformen
gibt dem Schüler wohl die sehr nothwendige Grundlage, das Ver-
ständniß für die Formen, das genaue Sehen; es kann aber nie ohne
den Schüler zu langweilen, so lange fortgesetzt werden, daß dieser sich
einen Vorrath von Gesäßtypen oder von einzelnen Gefäßthcilen erwirbt,
 
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