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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1885

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Huber-Liebenau, Theodor von: Ueber gewerbliches Ausstellungswesen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7029#0026

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Vom Gberlandesgerichtsrath Th. von u der-Li e b en au als Vortrag am Dienstag den H. März ^88<fc im Annstgewerbe-Vereine

zu München gehalten. (Schluß.) Nachdruckverboten.

IE wichtigsten Ausstellungen sind unstreitig die
internationalen oder Welt-Ausstellungen. Die
Aera derselben begann mit jener zu London,
woselbst im Jahre (85( unter der Aegide eines
deutschen Fürsten, des hochgebildeten Prinzen
Albert, im Krystallpalaste des Hydepark der großartige
Turnierplatz zum friedlichen Wettkampfe für alle Nationen
der Welt aufgeschlagen war und woselbst sich (5,938 Aus-
steller versammeltet:. Ihr folgten die internationalen Aus-
stellungen zu New-Pork (853/5H mit 7000 Ausstellern,
dann zu Paris >(855 mit 2(,779 Ausstellern, zu London
(862 mit 2^,68^ Ausstellern, zu Paris (867 mit 4(2,2 (7
Ausstellern, zu Wien (875 mit 39,500 Ausstellern, da-
runter über 7500 Deutsche, zu Philadelphia (876, zu
Paris (878, zu Sydney (879, ZU Melbourne (880 und
zu Amsterdam (883. Wie schon (855 zu Paris wurde
zu London (862 zun: ersten Male auch die hohe bildende
Kunst zur Ausstellung beigezogen; Malerei und Skulptur
sollten bei der letztgedachten Exposition zu dem Zwecke ver-
treten sein, um auch den gegenwärtigen Stand der modernen
Künste zu beleuchten, wobei man beschlossen hatte, nur
Werke von Künstlern zuzulassen, welche nach dem Jahre
(762 gestorben waren; allein dadurch wurde der Raum
für die übrigen Länder, welche ein bedeutenderes Kunst-
leben hatten, als England, zu sehr beschränkt und die Aus-
stellung, deren Palast zu Kensington erbaut war, bot daher
kein vollständiges Bild der Leistungen der Neuzeit aus dem
Gebiete der bildenden Künste. Paris (867 zog außer
Kunstwerken auch Erzeugnisse der Landwirthschaft bei, die
Ausstellungsgebäude befanden sich auf dem Marsfelde.
Wegen der bedeutenden Unterschiede in der Kulturhöhe der
einzelnen Nationen war die strikte Durchführung des an-
fänglich ausgestellten Prinzipes unmöglich und wurde des-
halb häufig von einer Gruppe in die andere übergegriffen
und was im Ausstellungsgebäude nicht mehr unterzubringen
war, mußte in besondere Annexbauten verwiesen werden.
Wien (875 auf dem Prater theilte die Objekte strikt in
26 Gruppen (Bergbau, Landwirthschaft, chemische Industrie,
Nahrungsmittel, Textil-, Leder-, Metall-, polz-, Stein-,
Glas-, Papier-Industrie u. s. w.) und veranstaltete in-
zwischen auch temporäre Nebenausstellungen von Thieren
und Pflanzen, stellte internationale Preisaufgaben, hielt
Borlesungen und Borträge, veranstaltete Kongresse u. dgl.
mehr; allein trotzdem und nachdem der Besuch anfänglich ganz
zufriedenstellend war, veranlaßtc der inzwischen ausgebrochene
Wiener Krach ein so bedeutendes Sinken desselben, daß
das spätere abermalige Steigen gleichwohl den Schaden
nicht mehr auszugleichen vermochte. An Besuchern ent-
ziffert die größte Tageszahl Wien mit (39,073 Personen,
Me größte Gesammtzahl aber Paris (867 mit (5 Milli-
onen Personen.

Die gewerblichen Ausstellungen in ihrer heutigen mo-
dernen Gestalt lassen sich folgendermassen eintheilen.

I. Nach ihrer territorialen Ausdehnung:
in () Internationale oder Welt-Ausstellungen,

2) in nationale Ausstellungen, welche wieder a) in
Länder-, b) Landes-, c) provinzial- und d) Stadt-
Ausstellungen zerfallen;

II. nach ihren: 6) rte:
in () fixe und 2) Wander-Ausstellungen;

III. nach ihrer Zeitdauer:
in () permanente und 2) temporäre;

IV. nach ihren Objekten:

A. einerseits:

in () rein gewerbliche, und diese wieder a) in
generelle, b) partielle und c) spezielle oder
Fach-Ausstellungen.

2) in gemischte, welche auch a) Landwirthschaft und
Gartenbau, b) bildende Kunst, oder c) beides
zugleich beiziehen;

B. andererseits:

in solche, welche

a) blos Werke der Gegenwart, b) blos Werke
der Vorzeit, oder c) beides zugleich expo-
niren; endlich

V. nach ihrem Zwecke:
in solche Ausstellungen, welche

() sämmtliche ideale wie materielle Wirkungen
eines derartigen Unternehmens beabsichtigen und
2) welche zunächst nur einzelne Zwecke verfolgen,
wie Absatz, speziell Export, Belehrung und
Fortbildung u. dgl. m.

Nach den bitteren Erfahrungen auf der hygienischen
Ausstellung zu Berlin wird man sich künftig wohl nur
noch dazu entschließen, größere Ausstellungen in feuersicheren
Gebäuden unterzubringen, welche es nur an Hauptorten
geben kann, in Folge dessen fick auch die Zahl solcher
größerer Ausstellungen in der Folge mindern dürfte. Es
wäre zu wünschen, daß dann an solchen Tentralpunkten
ständige Expositionsgebäude errichtet werden könnten, um
der Industrie ebenso eine bleibende, sichere und würdige
Stätte zu bereiten, wie man der dramatischen Kunst schon
längst bleibende Tempel erbaut, ja sogar mehr und n:ehr
auch von den temporären Tircusbuden zurückkömmt und
dafür ständige Arenen errichtet. Wenn auch die Kosten
hiefür bedeutend erscheinen, so zeigt uns doch z. B. der
Münchener Glaspalast, welcher mit einer Bodenfläche von
(6,700 Quadratmeter allerdings in runder Summe eine
Million Gulden gekostet, der Stadt München aber eine Rente
gebracht hat, welche in 30 Jahren Anlagekapital und
Zinsen schon reichlich amortisirte, daß der Realisirung eines
solchen Wunsches mindestens keine unüberwindlichen Schwierig-
keiten im Wege ftüi:den. Man müßte hiebei für Industrie
und Gewerbe, Verkehrs- und Anterrichtswefen, Maschinen,
altes Kunstgewerbe und hohe bildende Kunst, eventuell auch
für Landwirthschaft und Gartenbau, wo möglich und indizirt

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