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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1885

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Huber-Liebenau, Theodor von: Ueber gewerbliches Ausstellungswesen, [1]
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Acber gkwerßttgks MftllMsiiveskn. ^

vom Gberlandesgerichtsrath Th. von kjuber-Liebenau als Vortrag am Dienstag den 4. März ;884 im Äunstgewerbe-Vereine

zu München gehalten. Nachdruckverboten.

Enn wir zunächst die Geschichte des ge-
werblichen Ausstellungswesens verfolgen,
so führt uns dieselbe schon in die ältesten
Zeiten zurück. So lange die Menschen
Erzeugnisse ihrer gewerblichen Thätigkeit
in den Handel bringen, wurden sie auch dazu veranlaßt,
dieselben im Areise ihrer Abnehmer zur Schau auszulegen,
um'hiedurch die Rauflust anzuregen, die Auswahl zu ver-
mittelnAund so den Absatz zu bewirken.!

Zn diesen! weitesten und einfachsten Begriffsumfange
waren daher gewerbliche Ausstellungen nicht blos bereits
dem klassischen Alterthume und den folgenden vormittel-
alterlichen Jahrhunderten, sondern schon den älteren Zeit-
perioden bekannt; allein das allem Ausstellungswesen zu
Grunde liegende und schon frühzeitig gefühlte Bedürfniß,
Leistungen und Gegenstände öffentlich zu zeigen, konzentrirte
sich in jenen früheren Zeiten in gewerblicher Beziehung nur
im einzelnen Individuum, indem es damals noch keine
allgemeine Industrie mit einem eigenen Gewerbestande gab
und jenes Bedürfniß der öffentlichen Schaustellung gemein-
schaftlicher Leistungen, dem Charakter und den Verhältnissen
dieser Zeiten entsprechend, sich nicht für industrielle, sondern
vielmehr für körperliche, kriegerische Leistungen in Aampf-
und Maffenspielen, deren Vorstufen bis zum rohesten Volks-
stamme zurückreichen, Geltung verschaffte, und im klassischen
Alterthume in den berühmtesten derartigen Ausstellungen,
nämlich in den aus dem geheiligten Boden der Altis von
Olympia in der griechischen Landschaft Llis vom Jahre 3208
vor bis 39^ nach Christus gefeierten olympischen Spielen
zum Ausdruck gelangte. Erst nachdem sich im frühesten
Mittelalter das inzwischen entstandene Gewerbe aus der
seitherigen Unfreiheit losgerungen und in Verbindung mit
dem schon viel früher sich der Freiheit erfreuenden Handel
die bisherige Monarchie der Naturalwirthschaft gebrochen
hatte, indem beide die Arbeit von der Despotie der Scholle
befreiten und zur selbständig schaffenden Rrast erhoben,
konnten sich da, wo dichtere Ansiedelungen von Gewerbe-
und handeltreibenden entstanden waren, auch allgemeinere
Zentralstätten für die gemeinschaftliche Ausstellung und Ver-
werthung ihrer Produkte bilden. Mas zu diesem Behufe
im Oriente schon im Alterthume die Bazars waren, wurden

>_

nun im Occidente die Märkte, welche nach der weiteren
Ausbreitung des Lhristenthums zunächst an Festtagen bei
Rirchen und Alöstern abgehalten und deshalb auch „Messen"
genannt wurden. Diese Zentralisation erreichte ihren Höhe-
punkt in jenen großen, weltberühmten Messen, wo — wie
zu Braunschweig und Leipzig in Deutschland, zu Beaucaire
in Frankreich, zu Nischni-Nowgorod in Rußland oder zu
Sinigaglia in Italien — wegen der früheren höchst mangel-
haften Verkehrsmittel sich jedes Jahr zu bestimmter Zeit
aus allen Theilen der Melt Aäufer und Verkäufer zusammen-
fanden, um ihren Großverkehr für das ganze Jahr in
wenigen Mochen zu beschäftigen.

Rann man aber auch alle diese Einrichtungen im
weitesten Mortverständnisse allerdings schon unter den Be-
griff von Ausstellungen subsumiren, so unterscheiden sie sich
doch von unseren heutigen gewerblichen Ausstellungen we-
sentlich dadurch, daß ihr Zweck lediglich der unmittelbare
Verkauf war, der sich nach den damaligen Verhältnissen
mehr für Rohprodukte und Halbfabrikate, als für gewerb-
liche Erzeugnisse ermöglichen ließ, und jeder Aussteller —
wenn wir ihn schon so nennen dürfen — nur für sein
eigenes Interesse sorgte, eine Verfolgung allgemeiner höherer
gewerbetechnischer und gewerbemerkantiler Zwecke dagegen
hiebei ebensowenig in Betracht kam, als eine systematisch
geordnete, übersichtliche Vorführung der Erzeugnisse ganzer
jDroduktionsbranchen, sowie eines ganzen, bestimmten j)ro-
duktionsgebietes.

Aber auch jene Institutionen der frühchristlichen und
der mittelalterlichen Zeit, welche wir in gewissem Sinne
ebenfalls Ausstellungen nennen könnten, wie jene der Aloster-
schulen von Arbeiten ihrer Zöglinge, der Meisterstücke und
anderer Prüfungsarbeiten der Zünfte, die Kauf- und Gilde-
hallen, die Gewandhäuser und Tuchhallen, die Lauben,
Raufbänke und die erst späteren Rramläden derselben hatten
eine ganz andere Natur und Bedeutung, während die klö-
sterlichen und profanen Museen und Sammlungen von re-
ligiösen Reliquien, von Ruriositäten, Raritäten und beson-
ders merkwürdigen gewerblichen Erzeugnissen im Mittelalter
ebenfalls weit weniger zu den gedachten höheren Zwecken,
als vielmehr hinsichtlich der Reliquien zur Erbauung, im
Aebrigen aber zur Befriedigung der Neugierde und zur
 
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