Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1885

DOI Artikel:
Muther, Richard: Die Deutschen Volksbücher des 15. Jahrhunderts, [1]: Vortrag, gehalten im Kunstgewerbeverein am 2. Dezember 1884
DOI Artikel:
Vom Büchertisch
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7029#0084

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4-79-4-

/

unendlich viel zur Erweiterung des mittelalterlichen Gesichts-
kreises beigetragen hat, ein Buch, das im (5. Jahrhundert
ganz ungeheures Aufsehen machte, nicht nur in Deutschland,
sondern auch in Italien und Frankreich massenhaft ver-
kauft wurde.

Dazu kommen dann noch einige Werke, welche kleinere
abgegrenzte Gebiete der Geschichte behandeln: Die Chronik
der Schwaben, welche im Jahre fst-33 Thomas Lirer aus
Rankweil bei Feldkirch verfaßte, die Chronik der Sachsen
von dev: Braunschweiger Bürger Konrad Botho, sowie
die „Cronica von der hilligen Stadt von Coellen", welche
die Geschichte Kölns von sehr freisinnigem Standpunkte aus
schildert.

Es konnte nicht fehlen, daß sich mit dem Beginnen
und raschen Fortschreiten des Druckes dieser geschichtlichen
Werke die Thätigkeit der Schriftsteller auch auf die Länder-
und Völkerkunde richtete. Die Kreuzzüge, welche nicht nur
Kampflustige und Streiter für die Kirche und das heilige
Grab, sondern auch manchen friedlichen Reiselustigen, selbst
Mönche, Wallfahrer und Abenteurer aller Art nach dem
Grient gelockt hatten, waren noch frisch in der Erinnerung.
Dann hatten die großen geographischen Entdeckungen des

Jahrhunderts die Aufmerksamkeit von Neuem auf
ferne Länder und Völkerschaften gelenkt. Und so wurden
mit Vorliebe zahllose Reisebeschreibungen gelesen, die An-
fangs freilich, wie die Chroniken, recht fabelhaft gehalten
waren, mit der Zeit aber immer wahrheitsgetreuer wurden.

Eine der frühesten Reisegeschichten ist die mythenartige
Erzählung von einem uralten irländischen Abt und Heiden-
bekehrer St. Brandon, welcher im 6. Jahrhundert mit
einem seiner Schüler den westlichen Gcean beschifft haben
soll, um heidnische Inseln aufzusuchen, bis er nach langem
Herumirren auf einem von Riesen bewohnten, goldreichen
Eiland landete. Die Reise war ganz mythisch. Trotzdem
übte sie noch im fö. Jahrhundert die größte Anziehungs-
kraft aus. Noch zu des Lolumbus Zeiten suchten die
Seefahrer die Insel des heiligen Brandon, die sie südwest-
lich von den kanarischen Inseln annahmen, ja sie wurde,
obwohl sie Niemand fand, auf gut Glück in den Seekarten

Vom

Augustin Dirsvogel als Töpfer. Seine Gefäß-Lntwü
Gefen und Glasgemälde, von Karl Friedrich, Bibliothekar
am Bayerischen Gewerbemuseum zu Nürnberg. Im Selbstverläge des
Verfassers.

tvie alle Publikationen dieses Gelehrten dürfte auch vorliegendes
Werk in Fachkreisen berechtigtes Aufsehen erregen, tvie in den
früheren Arbeiten finden wir hier wieder in der systematischen Zusammen-
stellung wichtig erscheinender Thatsachen, in der Ausmerzung von
Irrthümern der bisherigen Literatur des in Rede stehenden Gegenstandes
und in der Darlegung neuerer tvahrnehmungen jene Klarheit und
Gewissenhaftigkeit, welche auch dieses Buch als einen dauernden tverk-
stein im Aufbaue der Geschichte deutschen Kunst-Gewerbefleißes markirt,
wie solches mit Recht bezüglich der verdienstvollen Schrift des Verfassers
über altdeutsche Gläser von Seite der Mittheilungen des k. k. österr.
Museums für Kunst und Industrie hervorgehoben worden ist. Die
reich illustrirte Abhandlung bringt nicht blos eine, viel Neues ent-
haltende, die gang und gäbe gewordenen Irrthümer korrigirende Mono-

X_

und in Martin Behaims Erdglobus verzeichnet. And das
Werk, welches die Reise des heiligen beschrieb, wurde in
zahlreichen Auflagen gedruckt.

Ebenso fabelhaft ist die Reise des bayrischen Herzogs
Ernst, ein Roman, der von einem alten Gedichte des
Heinrich von Veldcck ausgeht. Herzog Ernst entzweit sich
ums Jahr 933 mit seinem Vater, dem Kaiser Otto, wird
von diesem aus seinem Lande verjagt, will nach Jerusalem
wallfahren, geräth aber zu den Agrippinen, Menschen mit
Kranichköpfen, mit denen er sich um eine entführte Prin-
zessin herumschlägt, leidet dann Lchiffbruch ani Magnet-
berge, läßt sich mit seinen Gefährten in Gchsenhäute ein-
genäht in das Nest eines Greifen tragen, fährt auf einem
Floße durch den Rarfunkelberg, gelangt zu den Armafpen,
Leuten mit einen: Auge, bekämpft die Riesen, geht nach
Indien, besiegt da für die Pygmaeen die Kraniche, dann
den König von Babylon und erreicht endlich von diesem
geleitet das ersehnte Jerusalem, von wo er nach Deutsch-
land zurückreist und sich mit seinen: Vater versöhnt.

Während diese Reisebeschreibungen nur als Fabelbücher
gelten können, machen die folgenden Werke wenigstens den
Versuch, uns über einige fremde Länder genauere Nach-
richten zu geben. Das erste derselben schildert die Btreif-
züge, welche in der zweiten Hälfte des (5. Jahrhunderts
ein unternehmender venezianischer Kaufmann Marco Polo
während einer großen Reihe von Jahren durch Kleinasien,
Medien und Indien unternommen hatte. 5iebenzehn Jahre
lang, seit (278 verweilte er an dem Hofe des großen Chan,
wußte sich bei diesem in großes Ansehen zu setzen, so daß
er in den inannigfaltigsten Geschäften von ihn: gebraucht
wurde, und kehrte im Jahre \2ty5 über Indien nach Ve-
nedig zurück, wo er in italienischer Sprache seine Reise-
beschreibung verfaßte, die bald in deutschen Uebersetzungen
verbreitet war. Auch hier läuft noch manches Fabelhafte
mit unter, im Allgemeinen können aber feine Nachrichten
über die Erzeugnisse der Natur und Kunst der fernen
Länder, die Erfindungen der Chinesen, ihre Lebensweise
u. A. als glaubhaft gelten.

(Schluß folgt.)

VücheMsch.

fe, graxhie Augustin ftirsvogel's, sondern zieht auch die Werke dieses
hervorragenden Künstlers, nachdem ste Jahrhunderte lang der Ver-
gessenheit auheimgefallen waren, wieder an's Tageslicht. Alles was
man demselben bisher von Töpferarbeit zuzuschreiben pflegte, wird
jetzt nach der Entdeckung der echten Thonarbeiten ksirsvogel's als das
erscheinen, was es in der That ist, als gewöhnliche Töxferwaare und
unseres Künstlers unwürdig. Dagegen zeigt sich uns ftirsvogel als
geradezu epochemachend in Bezug auf die Vfenfabrikation und selbst
von nachhaltigstem Einflüsse auf die Kreußener Gesäßindustrie. Das
vorliegende Werk zeichnet sich aber nicht blos durch diese gänzlich
neuen Resultate aus, es hat auch noch das Verdienst, daß es zum
ersten Male eine Reihe herrlicher Glasgemälde Augustin ftirsvogel's
an das Licht bringt, die dem Künstler eine ganz andere Bedeutung
vindiciren, als man ihm bisher zugestehen wollte. Zahlreiche Illu-
strationen erläutern sowohl die Erörterungen über die Gefen als jene
über die Glasgemälde. Außerdem hat der Verfasser — in der That
eine mühevolle Arbeit — sämmtliche Gefäßentwürfe ftirsvogel's, selbst
 
Annotationen