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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1885

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Krell, F.: Nekrologe, der im Jahre 1885 dahingeschiedenen, um den Bayerischen Kunstgewerbe-Verein besonders verdienten Mitglieder: Förster, von Eitelberger, Stieler und Felix
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https://doi.org/10.11588/diglit.7029#0106

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flekrologe

der im )ahre 1885 dahingeschiedenen, um den Bayerischen Kunstgewerbe-Verein besonders verdienten

Mitglieder: Mrltrr, von Litrlbrrgkr, Stirler und FrljL.

verfaßt von Professor Dr. p. F. Krell.


Ernst Förster,

pofrath, Dr., Ehrenmitglied unseres Vereines.

Mit Ernst Förster ist ein Mann aus dem Leben geschieden, dem
es vergönnt war, ein reiches, auf unverwüstliche Kraft, vielseitiges
Talent und materielle Güter gegründetes Dasein voll anszuleben.
Geboren den 8. April 1800, schied er dahin am 29. April 1885. Ein
so glänzendes Bild aber auch sein Leben darbietet, so fehlt es dem-
selben doch nicht an tiefen Schatten; Förster sah seine drei Frauen
und vier seiner Söhne sterben.

Aus dem Verlauf der Kunstgeschichte der letzten sechzig Jahre
ergibt sich von selbst, daß Förster, der Beides vereinigte, den Künstler
und den Kunstforscher, mit seiner pauxtthätigkeit einer früheren Zeit
angehört und es wird verständlich, daß er zuletzt in Kunst und Kunst-
wissenschaft mit rückwärts gewandtem Gesichte dastand. Sein Abgang
hat daher auch für die jetzige Generation keine solche Lücke hinter-
lassen, wie sie eigentlich einem so thätigen Leben und einer solch großen,
bis zuletzt andauernden Produktion entsprechend gewesen wäre. Es
hieße aber ein großes Unrecht begehen, wenn man Försters Werke,
weil sie heutzutage in Manchem überholt und überflüssig gemacht sind,
einfach zu den Akten legen wollte. Försters Verdienste, auch um unsere
Zeit sind wirklich große. Er gehört zu den Schultern, von welchen oie
jetzige Generation aufgestiegen ist. Wo stünden wir jetzt noch? so
müssen wir uns fragen, wenn nicht damals in dem befreiten, wieder
anfathmendcn Vaterland von Männern, wie er war, beseelt von
glühender Begeisterung für die Kunst und von nimmermüdem Forschungs-
und Sammlungseifer vorgearbeitet worden wäre.

Försters Leben zu schildern mit allen seinen Reisen und seinem
verkehr mit bedeutenden Männern, seine Malereien, Zeichnungen und
literarischen Arbeiten alle aufzuführen und zu charakterisiren, dazu braucht
es auch bei flüchtiger Streife eines weit größeren Raumes, als des uns
hier zu Gebote stehenden, wir müssen uns daher begnügen, von dem
Bedeutsamsten Notiz zu nehmen.

Ernst Förster wurde geboren zu Münchengosserstädt an der Saale
als pfarrerssohn. Er begann mit philologischen, philosophischen und
theologischen Studien an den Unversitäten Jena und Berlin. Zwischen-
hinein unternahm er damals schon Reisen nach der Schweiz, dem Rhein
und Tirol. Lornelius war es, der den Jüngling nach Durchsicht
von dessen Skizzenbuch bestimmte, die Feder mit pinsel und Palette
zu vertauschen. Förster übte sich nun zuerst durch Lopiren nach pol-
bein und Tizian, half dann Lornelius bei den Fresken der Glypto-
thek in München und malte solche selbständig in der Universitätsaula
in Bonn. Es folgten Reisen nach Paris und Belgien. Nach München
zurückgekehrt, hatte er für die pofgartenarkaden das Programm
der Ausschmückung mit historischen Fresken zu entwerfen, sowie
selbst einige Gemälde auszuführen, von seiner pand ist z. B. „Gtto
von Wittelsbach, in der Veroneser Klause das deutsche peer befreiend".

Ueber diesen und anderen Arbeiten kam indeß Förster zur Ueber-
zeugung, daß ihm, wie er in seiner Geschichte der deutschen Kunst
selbst von sich sagt, „die Grundbedingung des rechten Künstlers, der
schöpferische Formenfinn abgehe"; er wandte sich daher der Kunst-
wissenschaft zu, ohne allerdings der künstlerischen production sich ganz
zu entschlagen. von seinen späteren künstlerischen Arbeiten nennen
wir die,, Apotheose des befreiten Griechenlands", „italienische Ansichten",
,,Illustrationen Goethe'scher Gedichte" und eine Menge „portraits".

Die Verheiratung mit einer Tochter Jean paul's war ihm
Veranlassung zu einer Serie literarisch-historischer Schriften.

Ein Auftrag des damaligen Kronprinzen Maximilian, eine Samm-
lung von pandzeichnungen nach alten italienischen Meistern anzulegen, gab
ihm sodann Gelegenheit, das Material zu seinen „Beiträgen zur neueren
Kunstgeschichte" (1835) sich zu verschaffen, die ihm von Seiten der
Universität Tübingen den Doktorhut eintrugen.

Das perbeiströmen der Fremden nach dem von König Lud-
wig I. kunstverschönerten München, bewog ihn zur perausgabe ver-
schiedener Führer, welche dann weiterhin den Anstoß zur Abfassung
der pandbücher für Reisende in Italien und für solche in Deutsch-
land gaben, die seiner Zeit vielen Anklang gefunden haben.

von 18-42—49 war Förster zusammen mit Franz Kugler Redak-
teur des deutschen Kunstblattes, betheiligte sich ferner an der Ueber-
setzung und Erläuterung des vasari. Nun aber ging er daran, die
Summe seiner Studien und Lopieen in großen prachtwerken zusammen-
zufassen, in den werken: „Das deutsche Volk in Vergangenheit und
Gegenwart" (1851—\860) und „Denkmale der deutschen Kunst vor
Einführung des Lhristenthums bis auf die neueste Zeit". (1855),
wobei er viel Neues, was bis dahin unbekannt gewesen, beibrachte.
Monographien über Fiesole und Rafael, die er folgen ließ, waren die
Vorläufer einer Geschichte der italienischen Kunst (18S9—75) und der
Denkmale der italenischen Malerei (1870—7-z). Diese letzteren werke
wurden in ihrer Wirkung dadurch beeinträchtigt, daß sie sich mit den
Arbeiten der jüngeren Generation der Kunstliteratur begegneten, welche
durch die inzwischen erfolgte genauere Sichtung des Inventars der
Kunst, durch archivalische Forschungen und endlich durch den in der
Kunstanschauung überhaupt erfolgten Umschwung vielfach zu anderen
Resultaten gelangt war, als die ältere Schule.

Unbedingtere Anerkennung fand dagegen der erstaunlich fruchtbare
Autor mit einem Buche über peter Lornelius (1872), das als Bericht
eines Augenzeugen und Mithandelnden jener großen, von den Be-
freiungskriegen begeisterten periode der Regeneration der deutschen Kunst
bleibenden Werth behalten wird.

In der Bewältigung dieser Masse von Arbeit ging aber die
Persönlichkeit von Förster noch keineswegs auf. Er fand noch Zeit
und Kraft, seiner Familie ein sorgsamer pausvater zu sein und an der
Geselligkeit eines Kreises hervorragender Männer den regsten Antheil
zu nehmen. Aus diesem frohen Verkehr entstand selbst eine Serie von
Gedichten, die er zu einem Bande vereinigt xublizirte. Förster ist auch
der Verfasser des Walhalla-Liedes.

Daß der Künstler-Gelehrte bei seiner wunderbaren Frische und
Elastizität, die ihm bis in's Höchsts Alter treu blieb, auch für das
Wiederausblühen unseres Kunstgewerbes sich lebhaft interessirte, braucht
wohl kaum gesagt zu werden. Wir finden ihn unter den Begründern
des im Jahre 1850 gestifteten „Vereines zur Ausbildung der Gewerke
in Bayern", der sich später in den dortigen „Kunstgewerbeverein" ver-
wandelte. Er war auch eine Zeit lang Redakteur der Vereinszeitschrift.
Für die, eine neue Epoche einleitende Jubiläumsausstellung erwählte
man ihn zum Lomitemitglied. Als Sohn einer hingegangenen Zeit,
welche der jetzigen die Wege bereitete, war er besonders berechtigt, pathe
zu stehen bei dem jüngsten Kinde der deutschen Kunst. Der Bayerische
Kunstgewerbeverein hatte daher alle Ursache, ihn zu seinem Ehren-
mitglieds zu ernennen und er wird das Gedächtniß dieses ausgezeichneten
Mannes gewiß stets in Ehren halten.


Zeitschrift des Aunstgewerbe-vereins München.

1885. Heft U & \2 (Bg. 3).
 
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