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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1885

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Gmelin, Leopold: Internationale Ausstellung von Arbeiten aus edlen Metallen und Legierungen in Nürnberg 1885, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7029#0105

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vorigen Jahrhundert durchgemacht, sind in der historischen
Abtheilung durch prachtvolle Beispiele anschaulich gemacht.
Von den blau-schwarz grundirten alten Limoges-Arbeiten
— en grisaille — wie sie besonders Generalkonsul Oppen-
heimer (Frankfurt a. ZTL) herübergesandt hat, bis zu
den auf weißein Emailgrund ausgeführten Malereien des
Rococo find alle Stadien vertreten. Aus der letzteren
Gattung mag als besonders reizvoll ein goldener Becher
aus dem herzoglichen Museum zu Gotha erwähnt werden,
dessen Oberfläche mit weißen, in rosa und schwarz schattirten
Blumenranken überzogen ist. Unter den modernen Email-
leuren dieser Gattung steht Paul Soyer (Paris) an der
Spitze, dessen Arbeiten sogar schon die Ehre zu Theil
wurde, für alte echte Limousiner Emails angesehen zu
werden; was er an Malereien auf blau-schwarzem und
tiefrothem Fond ausgestellt hatte, zeigte eine erstaunliche
Aunstfertigkeit. Neben ihm floriren nur noch eine Anzahl
Schülerinnen von Pa ns Macht (Wiener Aunstgewerbe-
fchule), deren hervorragende Leistungen sich aber auch an
den weißgrundirten Malereien an Aassetten, Albumdeckeln
u. s. w. auf's Vortheilhafteste präsentiren. Am weitesten
in farbigem Malerei-Gmail geht p. Ratzersdorser
(Men); so tüchtig auch seine Arbeiten sein mögen: den
dem reliefartig-pastosen Auftrag innewohnenden Reiz der
Limoges-Emails vermögen die mehr den: Aquarell sich
nähernden farbigen Darstellungen nicht zu ersetzen.

*

* *

Die lückenhafte Beschickung der Ausstellung seitens der
meisten Nationen läßt keinen Vergleich zwischen den Leist-
ungen der einzelnen Völker zu; am Empfindlichsten ist diese
Lücke auf Seiten Frankreichs, pat es auch nicht mehr aus-
schließlich die Führerrolle wie ehedem, so durfte man doch
bei einer internationalen Ausstellung auf eine größere Be-
theiligung rechnen. Aus den von ihm ausgestellten Arbeiten
lassen sich gar keine Schlüsse auf seine Metalltechnik ziehen;
beispielsweise sind der Schmuck durch kein einziges, die kleinen
Bronzen durch ganz wenige Beispiele vertreten, während
Frankreich doch gerade in diesen Dingen hervorragt. Diese
Unlust am Ausstellen, die sich durch Nichts drastrischer illu-
striren läßt als durch die Thatsache, daß mehrere der her-
vorragenderen ausländischen Aussteller nur durch sehr weit

Anmerkung. Die Illustrationen sind dem offiziellen Führer
und Wissenschaft, vorm. Friedrich Bruckmann, gütigst zur Verfügung ge!

gehende Zusicherungen, betr. Lotterie-Ankäufe, überhaupt
zur Beschickung veranlaßt werden konnten — diese Unlust
ist ein sehr bedeutsames Symptom. Wahrhaft beschämend
ist es dagegen für alle europäischen Staaten, daß Japan
auf würdige Vorführung seiner Erzeugnisse eine Summe
von circa (60,000 Mark aufgewendet!

Ein Gutes hat aber auch diese Unlust: es sind ver-
hältnißmäßig wenig Arbeiten lediglich für die Ausstellung
geschaffen worden; man bekommt jedenfalls ein richtigeres
Bild der Geschmacksrichtung als bei früheren Ausstellungen.
Der herrschende Stil ist zweifellos die Renaissance, nament-
lich in Deutschland und Oesterreich; die Erzeugnisse des
Manschetten-Stils und des Naturalismus sind im Absterben
begriffen und das Wenige, was sich in Rococo gezeigt,
kann nur als Fühler betrachtet werden.

Die Organisation der Ausstellung bietet manches Nach-
ahmenswerthe; dahin gehört die Fachbibliothek mit ihrem
gratis zu erhaltenden Aatalog, dann die einheitliche Gestalt-
ung der vom Bayer. Gewerbe-Museum beschafften Schränke.
Auch das palbdunkel der Oberlichtsäle, an das man sich
allerdings erst gewöhnen muß, das aber die Wirkung des
Edelmetalls entschieden begünstigt, darf zu den Vorzügen
gerechnet werden; minder glücklich ist dagegen die Aufstellung
der figürlichen Bronzen im Grünen und ein wirklicher
Lichtmangel an einzelnen Stellen der oberen Galerie,
der z. B. die Stäble'schen Arbeiten entschieden beeinträchtigt.
Daß Nürnberger und Fürther Möbelfabrikanten einzelne
Ausstellungsräume hübsch ausgestattet haben, muß man
dankbar anerkennen; der Lokalpatriotismus fühlte sich sogar
verpflichtet, als Lückenbüßer einzutreten, um einzelne Räume
zu füllen. Anders wenigstens kann man sich das Vor-
handensein der — übrigens vorzüglichen — Mefferschmied-
waaren von Leykauf und noch einiges Andere, das außer-
halb des Ausstellungsrahmens liegt, nicht wohl erklären.

Auch dieser Umstand ist ein unzweifelhaftes Zeichen
einer epidemischen Ausstellungsniüdigkeit. Das Verdienst,
welches sich der energische Leiter des Bayer. Gewerbe-
Museums durch diese Ausstellung erworben, muß allezeit
anerkannt werden; aber in jenen Symptomen scheint uns
doch eine Mahnung zu liegen, das Ausstellungswesen einige
Zeit ruhen zu lassen.

durch die Ausstellung entnommen und von der Verlagsanstalt für Kunst

tellt worden.
 
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